Viele Schwangere kennen das: Es zieht und zwackt im Beckenbereich, eine recht typische Begleiterscheinung in der Schwangerschaft. Oft schmerzt das Becken sogar sehr spürbar. Dann lautet die Diagnose häufig Symphysenlockerung

Was ist eine Symphyse?

Damit bezeichnet man eine Verbindung zwischen zwei Knochen durch Faserknorpel. In unserem Fall sind die beiden Beckenknochen auf diese Weise verbunden. Du kannst dir diese Symphyse wie eine Art aufrechtstehende Bandscheibe vorstellen, also ein knorpeliges Verbindungsstück. Sie hält die beiden Beckenhälften unten am Schambein zusammen in Zusammenarbeit mit den gegenüberliegenden Iliosakralfugen am Kreuz- und Darmbein.

Wahrscheinlich ist dir statt des Begriffes „Symphyse“ das Wort Schambeinfuge geläufiger. Sie soll und muss sich während der Schwangerschaft planmäßig lockern. Wird sie jedoch zu locker, so kann das schmerzhaft werden. Schauen wir uns das Ganze einmal näher an. 

Was ist eine Symphysenlockerung?

Durch verschiedene hormonelle Veränderungen bereitet sich der Körper einer Schwangeren auf die Geburt des Babys vor. So sorgt die Ausschüttung des Hormons Relaxin nicht nur dafür, dass der Gebärmutterhals weicher wird, sondern bewirkt auch, dass im weiblichen Becken die Bänder, Sehnen, Gelenkverbindungen und auch die Verbindung zwischen den Beckenknochen lockerer bzw. elastischer werden. Dadurch können sich das Becken und auch der Beckenboden besser dehnen und auf diese Weise dem Baby seinen Weg auf die Welt erleichtern. 

Wenn sich die Symphyse (Schambeinfuge) mit dem Fortschreiten der Schwangerschaft weitet, vergrößert sich somit die Lücke zwischen den beiden Beckenknochen um drei bis vier Millimeter. Innerhalb von etwa sechs Monaten nach der Geburt bildet sich dieser Spalt – oft unbemerkt – wieder zurück. 

Sollte sich die Schambeinfuge jedoch über das übliche Maß hinaus lockern, kann das während der Schwangerschaft die Stabilität des Beckens beeinträchtigen und wiederum die Gelenke und die Symphyse reizen. Das führt dann zu mehr oder weniger starken Schmerzen, die sich bei Bewegung meistens intensivieren. Unter dieser Folge leidet rund die Hälfte der Schwangeren ab dem zweiten und dritten Trimester. Schätzungsweise fünf Prozent der Schwangeren haben so starke Schmerzen, dass ihr Alltag erheblich belastet ist. Das gilt beispielsweise beim Gehen, Treppensteigen oder Liegen auf der Seite. 

In manchen Fällen kann die gelockerte Symphyse auch erst nach der Geburt Schmerzen verursachen – etwa wenn das Kind mit sehr hohem Geburtsgewicht auf die Welt kommt und sich die Schambeinfuge bei der Geburt extrem dehnen musste. 

Wie kannst du Symphysenschmerzen erkennen?

Ich erinnere mich noch gut an eine von mir betreute Schwangere, die große Schwierigkeiten hatte, in Slip oder Hose zu steigen, weil ihr das Anheben eines Beines intensive Schmerzen bereitete. Eine andere Frau seufzte im letzten Schwangerschaftsdrittel, sie fühle sich gleichzeitig wie ein gestrandeter Walfisch und watschelnder Pinguin. Ein solcher „Watschelgang“ ist ebenfalls typisch bei einer schmerzhaften Symphysenlockerung. Die Beschwerden können sogar bis in die Leiste, die Oberschenkel oder den unteren Rücken ausstrahlen. Dagegen wird die Schambeinfuge beim Rückwärtsgehen entlastet. Das heißt: Wenn du als Schwangere einige Schritte rückwärts besser gehen kann als vorwärts, spricht das auch für eine Symphysenlockerung. 

In jedem Fall solltest du deine Hebamme bzw. deine Gynäkologin/deinem Gynäkologen auf Schmerzen im Becken ansprechen. Sie können nämlich eine Symphysenlockerung ertasten. Auch eine Ultraschalluntersuchung gibt Aufschluss darüber. 

Wie wirkt sich eine übermäßige Symphysenlockerung auf die Geburt aus?

Grundsätzlich kann eine Schwangere auch mit übermäßiger Symphysenlockerung ihr Kind per Vaginalgeburt auf die Welt bringen. Eine übermäßige Symphysenlockerung ist kein zwingender Grund für einen Kaiserschnitt. Ist absehbar, dass das Kind außerordentlich groß und schwer ist, mag das anders aussehen, denn dann besteht die mögliche Gefahr, dass die Symphyse bei der Geburt abreißt. Dazu kommt es aber wirklich nur sehr selten. Die Schwangere sollte im Vorfeld mit der Hebamme bzw. der Ärztin/dem Arzt besprechen, was das individuell Beste für sie ist.  

Als Geburtsposition empfehlen sich für Schwangere mit übermäßiger Symphysenlockerung insbesondere Stellungen, die die Schambeinfuge entlasten – also beispielsweise der Vierfüßlerstand. Nicht empfehlenswert ist dagegen die Rückenlage mit angewinkelten Beinen. 

Was begünstigen eine schmerzhafte Symphysenlockerung? 

Um es gleich vorweg zu nehmen: So eindeutig sind die Risikofaktoren, die eine schmerzhafte Symphysenlockerung begünstigen, nicht auszumachen. Auch viele Studien haben hierzu keine klaren Ergebnisse geliefert. Als Ursache werden etwa bestimmte Stoffwechselstörungen diskutiert. Auch das Rauchen, schwere körperliche Arbeit, Übergewicht sowie eine schnelle und hohe Gewichtszunahme während der Schwangerschaft spielen möglicherweise eine Rolle. 

Als nachgewiesene Risikofaktoren wiederum gelten arthritische Gelenksentzündungen, Hüftverletzungen sowie vorausgegangene Rückenprobleme. Außerdem: Kam es in der Schwangerschaft zur schmerzhaften Symphysenlockerung, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in einer nächsten Schwangerschaft erneut wieder dazu kommt. 

Was hilft bei starker Symphysenlockerung?

Eine übermäßige Symphysenlockerung kann nicht rückgängig gemacht werden. Es gibt keine entsprechende medizinische Behandlung. Du kannst jedoch selbst einiges tun, um die Schmerzen zu lindern bzw. deine Schambeinfuge zu entlasten und die Muskeln zu kräftigen. Dazu gehören

• moderate Schonung: Ganz wichtig ist es bei übermäßiger Symphysenlockerung, schweres Heben zu vermeiden. Deinen Wochenendeinkauf oder das Geschwisterkind sollte also jemand anderes tragen als du. Auch häufiges Treppensteigen belastet die Symphyse. Deshalb: „Gönne“ dir jetzt ruhig die Fahrt mit der Rolltreppe oder dem Fahrstuhl, wo es möglich ist. Verzichte auch auf lange Spaziergänge oder gar Wanderungen sowie auf große Schritte. Positionen mit Spreiz- oder Schwerbewegungen wie etwa der Schneidersitz sorgen für Schmerzen, sie sind jetzt also ein No-Go. 

Schonung bedeutet jedoch nicht, dass du ab jetzt quasi gar nichts mehr tust! Wer sich nicht bewegt, verstärkt nämlich seine Schmerzen nur. Das führt in einen Teufelskreislauf: Die Schmerzen bewirken, dass man noch weniger macht – aber noch weniger machen bewirken immer mehr Schmerz. Und in diesen unglückseligen Kreislauf willst du ja erst gar nicht geraten.

• sanfter Sport: MaßvolleBewegung tut gut. Durch die Schwerelosigkeit im Wasser eigenen sich Aqua-Gymnastik und Schwimmen sehr gut dazu, das Becken zu entlasten und dabei zugleich die Muskeln schonend zu stärken. Mit speziellen Gymnastikübungen lassen sich auch gezielt die Muskeln am Beckenboden, Gesäß und Rumpf trainieren. Auch gezielte Physiotherapie bietet eine gute Möglichkeit zur Stärkung.  

entlastende Hilfsmittel: Für Entlastung beim Liegen auf der Seite hilft ein Still- bzw. Lagerungskissen, das du dir einfach zwischen deine Beine legst. Deine Frauenärztin/dein Frauenarzt kann dir für den Tag auch einen sogenannten Symphysengurt verschreiben. Dabei handelt es sich um einen elastischen Beckengurt, der angelegt wird und durch leichten Hüftdruck stabilisiert und entlastet. Auch ein geklebtes Kinesiotape kann die Schambeinfuge entlasten. Frage deine Hebamme danach, ob sie dich tapen kann. Auch eine sanfte Massage mit einem natürlichen schmerzlindernden Öl, kann die Beschwerden reduzieren. Dieses trägst du auf den unteren Bereich des Rückens und auf den schmerzenden Bereich rund um die Symphyse auf.

• verträgliche Schmerzlinderung: Wenn trotz aller Maßnahmen die Schmerzen so stark werden bzw. bleiben, dass es für die Frau unerträglich wird, können auch Schmerzmittel zum Einsatz kommen. Als sicheres Medikament in der Schwangerschaft gilt Paracetamol. Dennoch sollte sich die werdende Mutter vor der Einnahme von Medikamenten unbedingt von ihrer Ärztin/ihrem Arzt dazu beraten lassen und keinesfalls eine „Selbstverordnungen“ vornehmen! 

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme

Als Geburtshausleiterin, Hebamme und Mutter unterstütze ich Frauen dabei ihre Herausforderung während, vor und nach der Schwangerschaft besser zu bewältigen.

Um noch mehr Frauen zu erreichen, startete ich elternundbaby.com. Ich freue mich darauf, dich hier begrüßen zu dürfen.