Noch müssen Frauen nach einer Fehlgeburt sofort zurück an den Arbeitsplatz, wenn sie nicht krank geschrieben werden. Geht es nach dem Willen des Bundesrates, wird sich dies bald ändern. Dann hätten auch Frauen nach einer Fehlgeburt Anspruch auf Schutzfristen im Sinne des Mutterschaftsgesetzes.
Der Bundesrat hat die Bundesregierung aufgefordert, auch bei Fehlgeburten für die betroffenen Mütter Schutzfristen im Sinne des Mutterschutzgesetzes einzuführen. Es soll sich um einen freiwilligen Anspruch handeln, um den individuellen Umständen und Bedürfnissen gerecht zu werden. Nun ist es an der Bundesregierung, das Mutterschutzgesetz entsprechend zu reformieren.
Nach Vorstellung der Länderkammer soll die Dauer des Mutterschutzes gestaffelt werden und deutlich vor der 20. Schwangerschaftswoche beginnen. Dabei soll sich die Zeit der Mutterschutzfrist entsprechend der Schwangerschaftsdauer verlängern. Diese wichtige Entschließung fasste der Bundesrat auf seiner Sitzung am 05. Juli 2024.
In der Entschließung wurde richtigerweise sehr deutlich gemacht, dass eine Fehlgeburt eine davon betroffene Frau körperlich und psychisch häufig stark belastet. Daher sollte auch für sie ein freiwilliger Anspruch analog dem bestehenden vorgeburtlichen Mutterschutz bestehen.
Die momentane Rechtslage bei Fehlgeburten
Mutterschutz wird Müttern vor und nach der Geburt gewährt. Anders sieht die Rechtslage bei einer Fehlgeburt oder Totgeburt aus, die von Gesetzes wegen unterschieden werden.
• Danach handelt es sich um eine Totgeburt, wenn das Kind mindestens 500 Gramm wiegt und die 24. Schwangerschaftswoche erreicht wurde. Weil der Gesetzgeber mit diesen Eckpfeilern eine mögliche Lebensfähigkeit des Kindes definiert, gilt für die von einer Totgeburt betroffenen Mutter in dem Fall der Mutterschutz nach der Entbindung. Sie hat also ein Anrecht auf 18 Wochen Mutterschutz sowie Mutterschaftsgeld.
• Von einer Fehlgeburt spricht man hingegen, wenn die Schwangerschaft ungeplant endet, bevor das Kind lebensfähig ist. Im rechtlichen Sinne bedeutet das: Der Fötus wiegt weniger als 500 Gramm und verlässt den Mutterleib vor der 24. Schwangerschaftswoche. Eine Fehlgeburt wird rechtlich also nicht als Entbindung angesehen. Daher steht einer davon betroffenen Frau in Deutschland bisher auch kein Mutterschutz zu.
Hinweis: Ob es sich um eine Fehl- oder um eine Totgeburt handelt, wird ärztlich bescheinigt. In jedem Fall – und übrigens auch nach einem Schwangerschaftsabbruch – hat eine betroffene Frau zumindest Anspruch auf eine Hebammenhilfe, die von der gesetzlichen bzw. privaten Krankenkasse bezahlt werden muss.
Belastungen durch und nach Fehlgeburt
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland laut Krankenhausdiagnosestatistik für die Hauptdiagnose „Schwangerschaft mit abortivem Ausgang“ insgesamt knapp 40.000 Fehlgeburten verzeichnet. Die tatsächliche Zahl liegt jedoch deutlich höher, weil nicht wenige Fehlgeburten in den ersten Schwangerschaftswochen ohne Symptome verlaufen und teilweise als verspätetes Einsetzen der Monatsblutung gedeutet werden. Zudem besteht für eine Fehlgeburt – anders als bei einer Totgeburt – keine standesamtliche Meldepflicht.
Durchlebt eine Frau eine Fehlgeburt, ist das nach meiner langjährigen Erfahrung als Hebamme enormer Stress für sie, nicht nur körperlich, sondern gerade auch psychisch. Ich habe nicht wenige Betroffene begleitet, die aufgrund dieser erlittenen Erfahrung ein Gefühl des eigenen Versagens oder sogar ein negatives Verhältnis zu ihrem Körper entwickelt haben. Viele fürchten sich auch davor, eine solche Situation bei einer nächsten Schwangerschaft erneut durchleben zu müssen, denn diese Wahrscheinlichkeit steigt leider nach einer Fehlgeburt.
Umso wichtiger erachte ich, dass von Fehlgeburt betroffene Frauen nicht nur Hebammenhilfe erhalten, sondern auch Mutterschutz zugestanden wird. Denn sie brauchen vor allem Zeit, das Ereignis körperlich und seelisch zu verkraften. Deshalb kann ich der Entschließung des Bundesrates aus vollem Herzen nur zustimmen und hoffen, dass die Bundesregierung die Reform zeitnah vornimmt!
Die Beweggründe des Bundesrates das Mutterschutzgesetz zu ändern
Auch der Bundesrat steht auf dem Standpunkt, dass für Betroffene von Fehlgeburten Schutzfristen im Sinne des Mutterschutzgesetzes eingeführt werden sollten. Aus seiner Sicht führt die aktuelle Rechtslage nämlich zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung von Betroffenen einer Tot- und einer Fehlgeburt. Die Länderkammer hat daher ihren Vorschlag skizziert: Ein gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburt soll deutlich vor der 20. Schwangerschaftswoche beginnen und sich entsprechend der Schwangerschaftsdauer verlängern.
Auch der Bundesrat weist richtigerweise darauf hin, dass es nicht nur in vielen Fällen zu einer Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft kommt, sondern teilweise auch später. Rund um die 20. Schwangerschaftswoche seien Kinder im Mutterleib jedoch so weit entwickelt, dass auch ein dort verstorbenes Kind entbunden werden müsse und die Schwangere einen Geburtsvorgang erlebe, heißt es in der Begründung.
Daher sprechen aus Sicht der Länderkammer insbesondere folgende Gesichtspunkte für eine Reform des Mutterschutzgesetzes:
• Für eine betroffene Frau ist eine Fehlgeburt oft eine schwere Zäsur und nicht selten auch eine Traumatisierung. Entsprechend benötigt sie ausreichend Zeit, um sich davon zu erholen, den Verlust zu verarbeiten und dafür ggf. auch psychologische oder psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen zu können.
• Auch für die körperliche Erholung und die Vermeidung möglicher gesundheitlicher Komplikationen ist die Zeit nach der Fehlgeburt ein entscheidender Faktor. Durch einen angemessenen Mutterschutz sollte der betroffenen Frau dafür Raum gegeben werden.
• Derzeitige Stichtagsregelungen führen zu Ungleichbehandlung. Würde man den Mutterschutz im Falle einer Fehlgeburt dagegen je nach Schwangerschaftsdauer staffeln, so würden alle betroffenen Frauen Zugang zu Schutz und Erholung erhalten.
• Auch arbeitsrechtliche Aspekte spielen eine wesentliche Rolle. Im Moment muss eine erwerbstätige Frau nach einer Fehlgeburt sofort an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, wenn sie nicht krankgeschrieben wird. Hätte sie dagegen ein Recht auf Mutterschutz, so könnten unnötige Belastungen am Arbeitsplatz vermieden und berufliche Sicherheit gewährleistet werden. Außerdem würde den Betroffenen Mutterschaftsgeld zustehen. „Sofern der Mutterschutz länger gewährt wird, als dies eine ärztliche Krankschreibung bisher ermöglicht, entstehen den Betroffenen keine finanziellen Nachteile. Ein Abrutschen in den Krankengeldbezug entfiele. Dies käme auch den Arbeitgebern zu Gute, da diese im Rahmen der U2-Umlage mit den Krankenkassen abrechnen können“, heißt es in der Begründung des Bundesrates zu seiner Entschließung.
Schutz für Frauen bei Fehlgeburten muss noch gesetzlich geregelt werden
Die Entschließung des Bundesrates erfolgte auf Initiative von Hamburg, Niedersachsen und dem Saarland. Zuvor hatten der federführende Ausschuss für Familie und Seniorensowie der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik, der Ausschuss für Frauen und Jugendund der Gesundheitsausschuss der Länderkammer empfohlen, dahingehend zu entscheiden.
Nun liegt es bei der Bundesregierung, ob und wann sie diese Aufforderung umsetzen will und wird. Der Bundesrat hat mit dem Mittel der parlamentarischen Entschließung lediglich sein Initiativrecht wahrgenommen, auf ein gravierendes Problem hingewiesen und seine Auffassung zum Thema Mutterschutz bei Fehlgeburt dargelegt. Damit kann er ein Gesetzgebungsverfahren anstoßen. Ob das tatsächlich gelingt, ist aber nicht sicher, denn Entschließungen des Bundesrates sind für die Bundesregierung nicht bindend. Hoffen wir also zum Wohle aller Schwangeren, die eine Fehlgeburt hinnehmen müssen, dass das Mutterschutzgesetz im Sinne der Entschließung auch wirklich reformiert wird. Und zwar möglichst bald!
1§ 31 Absatz 2 der Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (Personenstandsverordnung – PStV); Personenstandsverordnung vom 22. November 2008 (BGBl. I S. 2263), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Ge- setzes vom 17. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 190).
2https://www.bundestag.de/resource/blob/966288/a08e859af024345cc8b87420d61acfcf/WD-9-054-23-pdf-data.pdf
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Katharina Jeschke
Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme, zertifizierte Erste Hilfe Trainerin, zertifizierte Schlafcaochin für Babys und Kinder
Als Hebamme, Schlafcoachin für Babys und Kinder, sowie als Erste Hilfe Trainerin unterstütze ich Frauen und Eltern dabei Schwangerschaft, Geburt und die Zeit als Eltern gut und entspannt zu gestalten. Ich bin selbst Mama von zwei bezaubernden Kindern.
Kinder sollen sicher und geborgen wachsen können. Dafür brauchen sie starke Eltern, die mit Wissen und Intuition die Entwicklung ihrer Kinder begleiten. Meine Hebammenhilfe soll Eltern das Wissen und Vertrauen geben, das sie ihren individuellen Weg finden und gehen können.
Dieser Blog elternundbaby.com ergänzt meine online Hebammensprechstunde und meine online Kurse von notdiensthebamme.de