Zur Rückbildung nach der Geburt gehört auch „irgendwie Beckenbodentraining“. Das hat sich bei frischgebackenen Müttern herumgesprochen. Doch nach meiner Erfahrung ist vielen Frauen – und zwar nicht nur Erstgebärenden – die Bedeutung ihres Beckenbodens oft gar nicht so klar.

Was ist dieser Beckenboden eigentlich genau – und wofür ist er gut? Das fragte mich erst kürzlich eine dreifache Mutter, die sich über diese Frage noch nie große Gedanken gemacht hatte – bis jetzt. Denn während sie nach den ersten beiden Geburten keine Probleme mit ihrem Beckenboden hatte, sieht das nach ihrem dritten Kind anders aus: Wenn sie jetzt, Monate nach der Geburt, niesen, husten oder lachen muss, verliert sie dabei stets einige Urintropfen. Allen Frauen, die diese Erfahrung machen, ist das meist unangenehm. Keine möchte aus solchen Gründen Dauerkundin für entsprechend beworbene Vorlagen werden – und aufs herzhafte Lachen verzichten möchten sie schon gar nicht!

Die gute Nachricht lautet: Das müsst ihr auch nicht! Immer vorausgesetzt, ihr verdeutlicht euch, welche Rolle euer Beckenboden in eurem Körper spielt. Deshalb möchte ich hier einen näheren Blick auf diese oft unterschätzte Körperregion werfen. Auch Männer haben übrigens einen Beckenboden, der ihnen aufgrund seiner strafferen Beschaffenheit aber seltener Probleme bereitet als der elastischer ausgestattete Beckenboden den Frauen. Daher möchte ich den Fokus hier auf den weiblichen Beckenboden legen.  

Was ist der Beckenboden?

Du kannst dir deinen Beckenboden als eine Art nach unten leicht gewölbte, dreilagige Platte bzw. Schale vorstellen. Sie bildet den Boden deines knöchernen Beckens und besteht aus einer komplexen Geflecht verschiedener Muskel- und Bindegewebsschichten. Diese verlaufen gitterartig zwischen den Sitzbeinhöckern (unterste Beckenknochen), dem Kreuzbein (unterstes Ende der Wirbelsäule) und dem Schambein. So verschließt der Beckenboden deinen Bauchraum, besitzt aber drei Öffnungen: je eine für den Darmausgang, die Harnröhre und die Vagina. Zusätzlich ist der Beckenboden über Faszien auch mit Bauch, Rücken und Beinen verbunden. Er beeinflusst also auch deine Körperhaltung und Bewegung.

Im Hinblick auf die Fähigkeit, ein Kind zu bekommen, hat die Natur den weiblichen Beckenboden flexibler ausgestaltet als den der Männer. Schließlich müssen die Muskel- und Bindegewebsschichten während einer Schwangerschaft und bei der Geburt Hochleistungen vollbringen (dazu unten mehr). Diese Beschaffenheit bedeutet jedoch auch, dass Frauen grundsätzlich „anfälliger“ sind für einen geschwächten Beckenboden –  mit den entsprechenden möglichen Folgen wie etwa Inkontinenz. Das gilt unabhängig davon, ob sie jemals schwanger werden und ein Kind gebären. Also ist es für uns Frauen besonders wichtig, den Beckenboden im Blick zu behalten.

Welche Funktion hat der Beckenboden?

Der Beckenboden arbeitet in einem System aus Anspannung und Entspannung. So gehört es im Rahmen der Anspannung z.B. zu seinen Aufgaben, die inneren Organe im Unterleib zu stützen. Diese üben, der Schwerkraft gehorchend, nämlich Druck auf den Beckenboden aus, wenn wir aufrecht stehen, gehen, laufen. Da muss der Beckenboden „gegenhalten“. Außerdem unterstützt er die Schließmuskel an Harnröhre und Darm. Ein straffer Beckenboden sorgt also dafür, dass wir „dicht halten“ und nicht ungewollt Urin oder Stuhl verlieren.

Ebenso wichtig ist die Fähigkeit des Beckenbodens, sich zu entspannen – etwa damit wir beim Toilettengang unser „kleines oder großes Geschäft“ erledigen oder Geschlechtsverkehr haben können. Ebenso bedeutsam ist die Entspannung des Beckens bei der Geburt, denn sie ermöglicht dem Kind den Weg nach draußen. 

Wenn wir niesen, husten, lachen, hüpfen oder etwas Schweres tragen, entsteht spontan stärkerer Druck auf den Beckenboden. Dann spannt er sich reflexartig an, um für ausreichenden Gegendruck sorgen. So wird auch in dieser Situation unkontrollierter Urin- oder Stuhlverlust verhindert.

Ein straffer Beckenboden gibt uns nicht nur ein gutes, dynamisches Körpergefühl, er lässt uns auch eine bessere Körperhaltung einnehmen. Darüber hinaus beeinflusst er sogar das Liebesleben, da er für intensiveres Empfinden beim Sex sorgt.

Welche Auswirkungen hat ein schwacher Beckenboden?

Ein (zu) schwacher Beckenboden kann insbesondere die Aufgabe der richtigen Anspannung nicht mehr ausreichend erfüllen. Häufige Folgen sind der ungewollte Abgang von Harn und Stuhl (sog. Harn- und Stuhlinkontinenz). Auch sinken die unteren Bauchorgane tiefer, wenn der Beckenboden seine Tragekraft verliert.

In schweren Fällen ist dann möglicherweise sogar ein operativer Eingriff erforderlich, etwa wenn es zu einer Gebärmuttersenkung kommt. Ein solches Ereignis kann eintreten, wenn die Gebärmutter vom geschwächten Beckenboden nicht mehr in ihrer Position gehalten werden. Auch andere Unterleibsorgane wie etwa die Blase werden möglicherweise nicht mehr ausreichend gehalten und sinken immer weiter nach unten.

Als weitere mögliche Auswirkungen eines geschwächten Beckenbodens können auch Schmerzen im Rücken, im Kreuz oder beim Geschlechtsverkehr sein.

Falls du dir unsicher bist, wie es um deinen Beckenboden bestellt ist, so wende dich an deine Hebamme oder gynäkologische Praxis.

Wie wirken Schwangerschaft und Geburt auf den Beckenboden?

Schwangerschaft und Geburt bedeuten für den weiblichen Beckenboden eine besondere Herausforderung und große Belastung. Das beginnt bereits während der Schwangerschaft. Je größer und schwerer das Baby wird, desto stärker wird der Druck, der auf dem Beckenboden lastet und dem er standhalten muss. So kann es durchaus mal passieren, dass eine schwangere Frau beim Niesen, Husten und Lachen ungewollt einige Tropfen Urin verliert, weil es der Beckenboden nicht mehr so gut schafft, ausreichend Gegendruck aufbauen.

Zusätzlich bewirkt die hormonelle Umstellung im Körper der Schwangeren, dass der Beckenboden weicher wird, um sich so auf die Geburt vorzubereiten. Dabei müssen sich die Muskel- und Bindegewebsschichten nämlich extrem dehnen und weiten, damit das Baby auf die Welt kommen kann. Nach der Geburt höre ich von Müttern dann oft, dass sie im Intimbereich eine Art „Schwere“ verspüren – „als wenn etwas nach unten drückt“ oder „als wenn ich unten offen wäre“. Hier macht sich der durch die Geburt sehr belastete Beckenboden bemerkbar. Dieses Gefühl sollte jedoch mit der Zeit abnehmen und wieder verschwinden, wenn sich der Beckenboden erholt hat.

So kannst du nach der Geburt deinem Beckenboden helfen

Nach der Geburt ist es also wichtig, den Beckenboden erst einmal zu entlasten und ihm Zeit zu geben, sich zu regenerieren. Deshalb empfehle ich dir:

  • Nutze die Zeit des Wochenbettes, um dich gut zu schonen.
  • Stehe in den ersten Tagen oder Wochen nach der Geburt aus einer liegenden Position besser über die Seite auf (als nicht gerade, sondern diagonal aufrichten).

• Verzichte eine Weile auf schweres Heben. (Faustregel: Hebe oder trage nichts, das schwerer ist als dein Baby.)

• Verzichte erstmal auf den Schneidersitz und möglichst auch auf langes Sitzen bzw. Stehen. Denn das übt wieder starken Druck nach unten aus, der deinen Beckenboden einfach noch zu sehr anstrengt.

Bereits im Wochenbett kannst du mit ersten, aber ganz sanften Übungen beginnen, die deinen Beckenboden stärken. Lass dich dazu gerne von mir beraten, denn längst nicht jede Übungen ist in dieser frühen Phase geeignet. Kontaktiere mich einfach über meine Online-Hebammenberatung.

Außerdem solltest du – je nach Gesundheitszustand und Art der Geburt – frühestens nach dem Wochenbett unbedingt eine gute Rückbildungsgymnastik machen. Damit kannst du sehr gezielt deinen Beckenboden trainieren und wieder „in Form“ bringen. Einen entsprechenden Rückbildungskurs biete ich auch online an. Der Vorteil des Online-Rückbildungskurses ist, dass du dein Übungsprogramm an den Rhythmus deines Kindes anpassen kannst.

Ein Rückbildungskurs ist für dich nach der Geburt also in jedem Fall wichtig. Selbst wenn du direkt nach der Geburt keine Beschwerden bemerkst, brauchen dein Beckenboden und der Bauch ein spezielles Trainingsprogramm. Weil es dir sonst wie vielen anderen Frauen geht: Nach Jahren ohne das richtige Training bemerkst du „Folgeschäden” der Geburt. Das kann der Beckenboden sein. Oder die Rektusdiastase.

Aber es nie zu spät, mit dem Beckenbodentraining zu beginnen. Auch wenn du deinen geschwächten Beckenboden möglicherweise lange vernachlässigt hat, muss du dich nicht mit diesem Zustand und den entsprechenden Beschwerden abfinden, sondern kannst aktiv etwas dagegen tun. An meinem Rückbildungskurs, in dem der Beckenboden von zentraler Bedeutung ist, nehmen manche Mütter auch noch viele Jahre nach einer Geburt teil. Und manche Teilnehmerinnen haben gar kein Kind geboren – und trotzdem Probleme mit ihrem Beckenboden. Auch sie sind bei mir herzlich willkommen! 

Was tut dem Beckenboden gut?

Der amerikanische Gynäkologe Arnold Kegel (1894-1981) gilt als Pionier und Erfinder der Beckenbodengymnastik. Er erkannte die Bedeutung eines straffen Beckenbodens gegen Inkontinenz und entwickelte spezielle Übungen. Die boten eine echte Alternative zu den damals verbreiteten Operationen bei anhaltender Blasenschwäche. Damit weckte der Arzt erstmals zu Beginn der 1950er Jahren bei Frauen ein Bewusstsein und Gespür für ihren Beckenboden.

Bis heute steht der Begriff „kegeln“ bzw. „Kegel-Übungen“ für ein Training nach Arnold Kegel. Dazu werden im Handel auch spezielle Kugeln, tropfen- oder kegelförmige Tools angeboten, die in die Scheide eingeführt werden. Das (unterschiedliche) Gewicht der kleinen Helfer trainiert die Beckenbodenmuskulatur. Diese Beckenbodentrainingshilfen ersetzen den Rückbildungskurs nicht, sind aber eine wundervolle Ergänzung.

Auch bestimmte Sportarten stärken den Beckenboden. Empfehlenswert sind Pilates, Yoga, Gymnastik, Reiten, Wandern, Walken, Schwimmen oder Fahrradfahren. Dagegen belasten Sportarten mit schneller Richtungsänderung wie etwa Squash oder Tennis den Beckenboden eher. Auch Bewegungsabläufe, die für Erschütterungen des Beckenbodens sorgen, wie Trampolinspringen und Joggen, tun ihm nicht gut.

Was kannst du im Alltag für deinen Beckenboden tun?

Neben gezieltem Training für deinen Beckenboden kannst du ihm auch ganz nebenbei jeden Tag mit Kleinigkeiten Gutes tun. Hier ein paar Tipps:

Aufrechte Körperhaltung: Sie tut nicht nur dem Rücken gut, sondern kräftigt auch den Beckenboden. Bei krummer Haltung mit rundem Rücken hängt der Beckenboden regelrecht durch. Sicherlich muss man sich tagsüber mehrmals daran erinnern und sich bewusst wieder gerade machen. Aber so wird eine „gute Haltung“ immer selbstverständlicher. Mache dafür den Rücken gerade, richte dein Brustbein auf, straffe deine Schultern und ziehe leicht den Bauch ein.

Versuche auch, beim Niesen oder Husten aufrecht zu bleiben. Sich dabei nach vorne zu biegen, belastet den Beckenboden zusätzlich. Übrigens verringerst du beim Husten oder Niesen den Druck auf deinen Beckenboden, wenn du dabei über die Schulter schaust. Dann helfen nämlich die schrägen Bauchmuskeln, den Druck abzufedern.

Rückenfreundlich heben und tragen: Um den Druck auf den Beckenboden zu mindern, sollten auch Frauen, die nicht im Wochenbett sind, schweres Tragen möglichst zu vermeiden bzw. zumindest entlastend zu gestalten. Darüber freut sich auch dein Rücken! Das heißt: Gehe lieber zweimal mit weniger Gewicht, als einmal mit schwerer Last. Unbedacht neigt man auch leicht dazu, Schweres mit durchgedrückten Beinen und rundem Rücken vom Boden aufzuheben. Falsch! Stattdessen beuge lieber deine Knie, lass deinen Rücken gerade, spanne deinen Beckenboden an, beginne auszuatmen und hebe erst dann das Gewicht auf. Halte es dabei mittig und eng vor deinen Körper.

Das gilt beispielsweise auch für die Babyschale, in der dein Baby liegt. Hänge sie dir auch nicht wie eine Handtasche auf einen Unterarm, wie oft zu beobachten ist. Geschwisterkinder, die auch noch mal auf Mamas Arm Trost suchen, können vielleicht vorher auf das Sofa o. ä klettern, dann ist der Weg, sie anzuheben, nicht so weit. Alternativ kannst du dich vielleicht auch zu dem Kind auf den Boden setzten und es dort in deinen Armen trösten.

Verstopfung vorbeugen: Zum Leidwesen des Beckenbodens ist mit einem „faulen“ Darm auf der Toilette stärkeres Pressen an der Tagesordnung. Nun ist Verstopfung in der Schwangerschaft aufgrund des veränderten Hormonhaushaltes und später wegen Platzmangel für den Darm nicht gerade ungewöhnlich.

Hat der Darm im Wochenbett plötzlich wieder Platz, neigt er ebenfalls schnell zur Trägheit. Wenn die Mutter dazu viel liegt und sich schont (was ja im Wochenbett goldrichtig ist!), kann eine sanfte Bauchmassage helfen, die Darmtätigkeit anzuregen. Auch mit ballastreicher Kost lässt sich der Darm wieder auf Trab bringen. Viel trinken (mindestens zwei Liter am Tag) sorgt für weicheren Stuhlgang.

Übrigens: Normalerweise ist ja eine aufrechte Haltung förderlich für den Beckenboden. Allerdings solltest du beim Stuhlgang auf der Toilette lieber einen runden Rücken machen.

Pipi laufen lassen: Es kursiert immer noch die Empfehlung, den Beckenboden zu trainieren, indem man während des Wasserlassens den Strahl einige Male durch Muskelanspannung bewusst unterbricht. Davon rate ich dir jedoch dringend ab! Denn solche „Übungen“ können das ausgeklügelte Zusammenspiel von Gehirn und Blase bei Harndrang durcheinanderbringen. Außerdem hat eine Untersuchung gezeigt, dass die Blase dadurch auch schlechter entleert wird und mehr Restharn darin zurückbleibt. Das wiederum erhöht das Risiko für Harnwegsinfektionen, da Bakterien auf diese Weise schlechter ausgespült werden und sich leichter in Blase und Harnwegen ausbreiten können. Mache es dir stattdessen lieber zur Gewohnheit, nach dem Toilettengang deinen Beckenboden anzuspannen.

Die Blase kann sich übrigens auch besser entleeren, wenn du dich auch beim Wasserlassen auf der Toilette leicht nach vorne lehnst. 

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme

Als Geburtshausleiterin, Hebamme und Mutter unterstütze ich Frauen dabei ihre Herausforderung während, vor und nach der Schwangerschaft besser zu bewältigen.

Um noch mehr Frauen zu erreichen, startete ich elternundbaby.com. Ich freue mich darauf, dich hier begrüßen zu dürfen.