Stillen und Berufstätigkeit schließen sich nicht aus. Denn das Mutterschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber dazu, stillenden Müttern die notwendigen Freiräume am Arbeitsplatz zu gewähren. 

Viele noch stillende Mütter möchten oder müssen irgendwann wieder arbeiten gehen. Manche tun das bereits nach Ablauf der Mutterschutzfrist, andere nach Ablauf der Elternzeit. Die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit ist aber noch lange kein Grund, das Baby abzustillen! Hier ist das Mutterschutzgesetz ganz auf der Seite stillender erwerbstätiger Mütter – auch wenn sie während der Arbeitszeit ihre Milch abpumpen.

Gesetzliche Regelungen für stillende berufstätige Mütter

Insbesondere das Mutterschutzgesetz sorgt dafür, dass Mütter auch während der Stillzeit erwerbstätig sein bzw. ihre Ausbildung, ihre Schule oder ihr Studium fortsetzen können. Schauen wir uns die zwei wichtigsten Bestimmungen in der aktuell geltenden Fassung vom 1. Januar 2018 mal genauer an.

Anspruch auf Stillzeit (§ 7 MuSchG Freistellung für Untersuchungen und zum Stillen):Du darfst während deiner Arbeitszeit dein Kind stillen bzw. deine Muttermilch abpumpen, wenn du das wünscht. Der Gesetzgeber nennt beides Stillzeit. Für die dafür erforderliche Zeit muss dich dein Arbeitgeber freistellen. Und das während des ganzen ersten Lebensjahres deines Kindes, an jeden Werktag und solange du stillst. Du musst deinem Arbeitgeber nur mitteilen, dass du weiter stillen bzw. deine Milch abpumpen möchtest, und die dafür vorgesehenen Freistellungszeiten von ihm mündlich oder schriftlich verlangen. 

Es ist auch gesetzlich bestimmt, welche Stillzeiten während der täglichen Arbeitszeit mindestens erforderlich sind:

• Werktäglich stehen dir mindestens 60 Minuten Stillzeit zu, die du auch auf zweimal 30 Minuten aufteilen kannst.

Auch Müttern in Teilzeit steht Stillzeit zu. Dabei müssen sie allerdings auch die Interessen des Arbeitgebers berücksichtigen und das Stillen bzw. Abpumpen möglichst so einrichten, dass wenig Arbeitszeit verlorengeht.

• Wenn du am Tag mehr als 8 Stunden am Stück arbeitest (also ohne Ruhepause von über zwei Stunden zwischendurch), hast du Anspruch auf mindestens 90 Minuten Stillzeit. Auch daraus kannst du natürlich mindestens zweimal je 45 Minuten machen. 

Kein Lohnabzug (§ 23 Entgelt bei Freistellung für Untersuchungen und zum Stillen):Es ist eindeutig festgelegt, dass die Stillzeiten während der Arbeitszeit dein Arbeitsentgelt nicht mindern dürfen. Du bekommst also weiterhin vollen Verdienst trotz der zusätzlichen Stillpausen. Das gilt auch für erwerbstätige stillende Mütter in Heimarbeit. 

Deine Stillzeiten musst du auch nicht vor- oder nacharbeiten. Und sie dürfen auch nicht auf andere Ruhepausen, die dir außerdem noch zustehen, angerechnet werden. Stillzeit ist nämlich zusätzlich!

Übrigens: Wenn mindestens drei Frauen in einem Betrieb beschäftigt sind, müssen Arbeitgeber ihre Mitarbeiterinnen (auch in Heimarbeit) über ihre Rechte nach dem Mutterschutzgesetz informieren. Zum Beispiel per Aushang oder als für alle zugängliche digitale Datei. 

Bleibt die Frage, was passiert, wenn sich ein Arbeitgeber nicht an seine Pflichten nach dem Mutterschutzgesetz hält. Ganz einfach – dann kommen die Aufsichtsbehörden ins Spiel. Das ist in jedem Bundesland jedoch eine andere Behörde. Wer für dich zuständig ist, kannst du auf der Website des Bundesfamilienministeriums hier herausfinden.

Die zuständige Aufsichtsbehörde kann nach § 29 deinen Arbeitgeber im Konfliktfall zur Einhaltung des Mutterschutzgesetzes zwingen. Sie kann auch anordnen, dass er für deine Stillzeiten einen geeigneten Raum bereithalten muss. Darüber hinaus kann sie ihm u.a. verbieten, eine stillende Frau an Sonn- und Feiertagen oder zwischen 20 und 22 Uhr zu beschäftigen. Nachts darf sie im Regelfall ohnehin nicht arbeiten. Zudem kann sie prüfen, ob der Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen für dich und dein Kind gefährlich sind. Vieles mehr ist den Aufsichtsbehörden möglich. Wende dich also vertrauensvoll dort hin, wenn du als stillende Mutter Probleme mit deinem Arbeitgeber hast.

Stillend berufstätig sein braucht individuelle Lösungen

In Deutschland sind Mütter, zumal stillende Mütter, nach der Geburt eines Kindes in sehr unterschiedlichen Lebenslagen, wenn es um die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit geht:   

• Viele Mütter nehmen nach der Geburt Elternzeit in Anspruch. Der Arbeitgeber ist nämlich verpflichtet, sie bis zu drei Jahre freizustellen. Im Durchschnitt liegt die Dauer der von Müttern beantragten Elternzeit derzeit bei 14,6 Monaten (2022, statistia.com). Während der Elternzeit wird jedoch kein Lohn bezogen. Keinen Ersatz, aber doch einen gewissen Ausgleich dafür bietet das Elterngeld

Wenn Mütter also nach der Geburt ein Jahr und länger bei ihrem Kind bleiben, können sie es in Ruhe für eine lange Zeit stillen. Viele setzen das Stillen nämlich auch fort, wenn ihr Baby nach etwa sechs Monaten bereits Beikost erhält. Mit der Erwerbstätigkeit kollidiert diese Situation also nicht.

• Anders ergeht es Müttern, die frühzeitig an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollen oder auch müssen – ihr Baby aber weiterhin stillen möchten. Alle Frauen stehen vor dem Dilemma, dass eine lange berufliche Auszeit nach der Geburt eine geringere finanzielle Versorgung im Alter nach sich zieht. Für gut ausgebildete, beruflich ambitionierte Frauen können durch längeres Aussetzen auch Nachteile für ihre Karriere entstehen. Das bleibt eine Tatsache, auch wenn sie oft bestritten wird. In vielen Familien haben Mütter aber auch gar nicht die Wahl, wie lange sie nach der Geburt beim Kind bleiben möchten – sie müssen aus finanzieller Not so rasch wie möglich wieder arbeiten gehen und Geld verdienen, weil ihre Familie das Einkommen der Mutter braucht, um überhaupt über die Runden zu kommen.

Die Statistik sagt uns: Im ersten Lebensjahr des Kindes gehen bereits rund 8 Prozent Mütter einer Vollzeitbeschäftigung und 11,1 Prozent einer Teilzeitbeschäftigung (unter 20 Stunden/Woche) nach. Insgesamt sind dann bereits 26 Prozent Mütter schon wieder erwerbstätig. Wir wissen auch: Etwa 10 Prozent der Mütter, die nach 6 bis 12 Monaten ihr Kind abstillen, geben als Grund dafür die Rückkehr in den Beruf an. 

Das muss nicht sein, zumal nicht wenigen Müttern es wichtig wäre, ihr Kind weiterhin zu stillen, auch wenn das mit einiger Organisation verbunden ist.  

Wie kann Stillen und Berufstätigkeit vereinbart werden? 

Für das fortgesetzte Ernähren des Kindes mit der so wertvollen und einzigartigen Muttermilch praktizieren erwerbstätige stillende Mütter je nach Möglichkeit unterschiedliche Modelle. 

Zum Beispiel

• nimmt Frauke ihren kleinen Oskar (3 Monate) einfach mit an ihren Arbeitsplatz. „Für mich ist das aber auch einfacher als für angestellte Frauen“, sagt sie. „Ich muss niemanden um Erlaubnis bitten, weil ich ja als selbstständige Steuerfachfrau hier in meinem Büro selbst das Sagen habe.“ Frauke weiß aber, dass dieses Modell für sie und ihren Sohn auch nur machbar ist, solange Oskar noch sehr klein ist und viel schläft. „Ich muss mir also bald etwas anderes überlegen.“

• lassen andere Mütter ihr Baby während der Arbeitszeit in der Nähe ihres Arbeitsplatzes von einer Tagesmutter oder in einer Kita betreuen. Alissa hat für ihre Tochter Azra (6 Monate) sogar einen Platz in der betriebseigenen Kita ergattert. „Da kann ich zu den Stillmahlzeiten einfach rasch rüberhuschen und meinem Kind die Brust geben“, freut sie sich. 

• wird Elly (8 Monate) während der Arbeitszeit ihrer Mutter von ihrem Vater betreut. Er bringt seine Tochter dann zu jeder Stillmahlzeit zur Mama an den Arbeitsplatz – in der Regel zweimal pro Arbeitstag. „Wir wohnen ja nicht weit entfernt vom Unternehmen, in dem ich tätig bin“, sagt Neele. Diese Methode kann mit jeder anderen Person, die das Baby betreut, gut funktionieren, wenn der Betreuungsort des Kindes und der Arbeitsplatz der Mutter relativ nah beieinanderliegen.

• macht Clara es genau umgekehrt: Sie fährt einmal während ihrer Arbeitszeit nach Hause, um ihren Anton (5 Monate) zu stillen. Auch das klappt gut, weil der Junge in der Zwischenzeit von der Großmutter betreut wird und Claras Arbeitsplatz nicht weit entfernt liegt.

• arbeitet Yildiz seit Ende des Mutterschutzes wieder in Teilzeit und hat sich die Stillzeiten von Asel (jetzt 4 Monate) jeweils an den Anfang und ans Ende ihrer täglichen Arbeitszeit gelegt. „Dadurch verkürzt sich meine Arbeitszeit so, dass mein Baby während meiner Abwesenheit ohne eine weitere Stillmahlzeit auskommt“, berichtet sie. 

• haben sich viele Mütter bereits vor der Wiederaufnahme ihrer Erwerbstätigkeit durch Abpumpen einen gewissen tiefgefrorenen Vorrat an Muttermilch angelegt. Daraus kann eine betreuende Person dann schöpfen, wenn das Kind während der Abwesenheit der Mutter ein Fläschchen benötigt. Malva zum Beispiel hat auf diese Weise für ihre Kind vorgesorgt. „Und als ich wieder anfing zu arbeiten, habe ich dann im Betrieb regelmäßig Muttermilch abgepumpt, sie hier im Kühlschrank gelagert und nach Feierabend gekühlt nach Hause transportiert. So bleibt mein häuslicher Vorrat an Muttermilch für mein Kind immer erhalten – und meine Milchproduktion auch!“

Natürlich kann der Stillbedarf eines Kindes, insbesondere bei sehr jungen Kindern, auch höher liegen als in diesen Beispielen und somit weitere Stillzeiten erfordern. Ausschlaggebend sind das Alter des Kindes und das bisherige Stillverhalten. 

Übrigens: In die Stillzeit werden die Wegzeiten zwischen Arbeitsplatz und Stillort nicht eingerechnet.  

Die meisten der hier vorgestellten Modelle setzen auch voraus, dass das Kind während der Arbeitszeit der Mutter anderweitig betreut wird. Das müsst ihr natürlich organisieren, was oft nicht einfach ist. Gelingt es, so könntet ihr einem der hier genannten Beispiele folgen. Aber macht das ein Arbeitgeber auch alles mit? Na klar – er muss, schon weil das Gesetz ihn dazu verpflichtet!

Was ist ein „geeigneter“ Raum für die Stillzeit im Betrieb?

Im Mutterschutzgesetz ist das nicht näher definiert. Stillende bzw. Milch abpumpende Mütter wissen aber aus Erfahrung, was sie in ihrem Betrieb als geeigneten Raum benötigen: Er sollte abschließbar und gut erreichbar sein, er darf auch klein sein – und er sollte mit einer sauberen Abstellfläche, einer bequemen Sitzgelegenheit, einem Waschbecken und einem Kühlschrank ausgestattet sein. Diese Rahmenbedingungen muss dir dein Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. 

Bekräftigt wird das auch von der Arbeitsstättenverordnung, in der u.a. die Anforderungen an Pausenräume und Pausenbereiche, Bereitschaftsräume sowie an Einrichtungen für schwangere und stillende Frauen konkretisiert werden. Dort heißt es u.a.: Werden schwangere Frauen oder stillende Mütter beschäftigt, müssen Einrichtungen zum Hinlegen, Ausruhen und Stillen am Arbeitsplatz oder in unmittelbarer Nähe in einer Anzahl vorhanden sein, die eine jederzeitige Nutzbarkeit sicherstellt. Die Privatsphäre ist bei der Nutzung zu gewährleisten. 

Die Technische Regeln für Arbeitsstätten weisen auch darauf hin, dass der Raum, in dem eine erwerbstätige Mutter stillt oder Muttermilch abpumpt, frei von Vibrationen, Umgebungslärm, Staub, Dämpfen oder Gerüchen sein muss – und auch frei von arbeitsbedingten Störungen. Zudem sollte er Tageslicht sowie eine ausreichende Beleuchtung und Temperatur haben.

Möglichst früh mit dem Arbeitgeber sprechen

Eigentlich sind alle gesetzlichen Bestimmungen, die Gefahren von schwangeren Frauen, stillenden Müttern und ihren Kindern abwenden sowie das Stillen von erwerbstätigen Müttern unterstützen sollen, auch einfach mit gesundem Menschenverstand zusammenzustellen. So wird es deinem Arbeitgeber auch jenseits des Mutterschutzgesetzes, der Arbeitsstättenverordnung und des betrieblichen Gesundheitsschutzes schnell einleuchten, was du als stillende Mutter nach deiner Rückkehr an den Arbeitsplatz brauchst. 

Mehr noch: Dein Arbeitgeber kann sich glücklich schätzen, wenn du wieder erwerbstätig bist dein Kind aber noch weiterhin stillst. Denn stillende Mütter sind nachweislich seltener krank – und auch ihre Kinder sind vor Erkrankung dank der herausragenden Eigenschaften der Muttermilch besser geschützt. So hat dein Arbeitgeber also doppelte Sicherheit, dass du aus Krankheitsgründen nur höchst selten ausfallen wirst.

Was ebenso wichtig wäre, ist die Solidarität des Arbeitgebers mit dir als stillender Mutter, und in der Folge dann auch die Solidarität deiner Kolleginnen und Kollegen! Diese Unterstützung in einem familienfreundlichen Betrieb wird für dich sehr wertvoll sein, alles genau so einzurichten und zu organisieren, wie es für dich und dein Kind am besten ist.

Auch deshalb möchte ich dir raten, frühzeitig mit deinem Arbeitgeber darüber zu sprechen, wie du dir als stillende Mutter deine Rückkehr an den Arbeitsplatz vorstellst, welche Organisationsform im Hinblick auf das Stillen du praktizieren möchtest und was du im Betrieb ggf. für deine Stillzeiten an guten Bedingungen benötigst. Vielleicht könnt ihr bereits während der Schwangerschaft gemeinsam nach einem geeigneten Raum im Betrieb Ausschau halten, in dem du später ungestört stillen oder deine Milch abpumpen sowie dich zwischendurch ausruhen kannst. Gegebenenfalls kann dieser Raum dann schon sehr rechtzeitig vor deiner Rückkehr mit der noch benötigten Ausstattung hergerichtet werden. 

Ein solch familien- und stillfreundliches Klima im Betrieb gibt auch dir mehr Sicherheit und Zuversicht für die Wiederaufnahme deiner Erwerbstätigkeit. 

In jedem Fall ist und bleibt aber der Arbeitgeber in vorderster Verantwortung für die Sicherstellung des Mutterschutzes in seinem Unternehmen. Es liegt allein bei ihm, die gesetzlichen Vorgaben des Mutterschutzgesetzes zum Gesundheitsschutz, Kündigungsschutz und zum Leistungsrecht zu beachten und umzusetzen. „Die vorsätzliche oder fahrlässige Nichtbeachtung der mutterschutzrechtlichen Vorgaben kann mit einem Bußgeld bis zu 5.000 Euro, teilweise auch bis zu 30.000 Euro oder als Straftat geahndet werden“, informiert dann auch das Bundesfamilienministerium im „Leitfaden zum Mutterschutz“ die Arbeitgeber*innen. Diese können lediglich von einer noch stillenden Mitarbeiterin die Vorlage einer „Stillbescheinigung“ verlangen, die von der Hebamme oder der Frauenärztin/dem Frauenarzt ausgestellt wird. Die Kosten dafür trägt wiederum der Arbeitgeber. 

Aber konstruktive und frühzeitige Gespräche mit dem Arbeitgeber beugen möglichen Konflikten bestmöglich vor. Dafür kann es jedoch sehr hilfreich sein, wenn auch du als stillende erwerbstätige Mutter deine Mutterschutz-Rechten kennst.

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme

Als Geburtshausleiterin, Hebamme und Mutter unterstütze ich Frauen dabei ihre Herausforderung während, vor und nach der Schwangerschaft besser zu bewältigen.

Um noch mehr Frauen zu erreichen, startete ich elternundbaby.com. Ich freue mich darauf, dich hier begrüßen zu dürfen.