Nicht wenige Frauen brauchen in der Schwangerschaft Unterstützung, weil sie von schwangerschafts- und geburtsbezogenen Ängsten gequält werden. Dagegen wurde nun eine App, also digitale „Achtsamkeitspraxis“ entwickelt und erprobt. Ergebnis der Studie: Das mentale Wohlbefinden der Schwangeren verbesserte sich deutlich durch die App-Unterstützung und auch langfristig.

Studienleiterin Prof. Dr. Stephanie Wallwiener, Geburtsmedizinerin sowie kommissarische Direktorin der Universitätsklinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin an der Universitätsmedizin Halle, hatte mit einem Forschungsteam für werdende Mütter mit Ängsten nach einem niedrigschwelligen Angebot als mögliche Alternative zur Psychotherapie gesucht. So entstand die digitale Achtsamkeitspraxis in Form einer App. Diese digitale Anwendung kombiniert klassische Achtsamkeitsübungen mit geburtshilflichen und psychotherapeutischen Ansätzen und soll medizinische Informationen zur Geburt vermitteln, den Umgang mit Angst und Depressionen erleichtern sowie individuelle Bewältigungsübungen anbieten. Die Vermittlung erfolgt durch Audiodateien, Lehrvideos, schriftliche Materialien, eine persönliche Kompetenzen-Box und interaktive Arbeitsblätter.

Erforscht wurde die App dann mit Frauen zwischen der 29. und 36. Schwangerschaftswoche, die ein erhöhtes Risiko für Ängste und Depressionen aufwiesen. Eine Gruppe hatte Zugang zur achtsamkeitsbasierten App, die Kontrollgruppe ohne diesen Zugang wurde wie üblich behandelt. Die praktische Erprobung erstreckte sich über acht Wochen für wöchentlich je 45 Minuten sowie unter Betreuung des Studienteams. Alle beteiligten Schwangeren gaben während der Schwangerschaft sowie bis fünf Monate nach der Geburt regelmäßig zu Art und Umfang ihrer Ängste und depressiven Symptome Auskunft.

Die Auswertung der Forschungsdaten zeigte dann einen eindeutig positiven Effekt der digitalen Achtsamkeitspraxis: Auf allgemeine depressive Symptome oder Angstzustände hatte die Anwendung zwar kaum Einfluss – sie kann jedoch die Häufigkeit und Schwere von schwangerschafts- und geburtsbezogenen Ängsten sowie auch von postpartalen Depressionen gut messbar verringern. 

Für Frauen, die ein Kind erwarten oder gerade geboren haben, ist das eine sehr gute Nachricht. Denn die Studie zeigt, dass eine digitale Intervention bei Ängsten in der Schwangerschaft nicht nur ein kostengünstiges, sondern auch niedrigschwelliges Mittel zur Förderung der psychischen Gesundheit von Schwangeren sein kann, insbesondere für gefährdete Frauen. Aber nicht nur psychisch belastete Schwangere, sondern auch Frauen mit Risikoschwangerschaften, etwa bei vorzeitigen Wehen oder anderen medizinischen Auffälligkeiten, könnten aus Sicht der Studienleiterin von dieser sinnvollen und leicht zugänglichen Ergänzung zu bestehenden Empfehlungen in der klinischen Praxis profitieren. Prof. Dr. Stephanie Wallwiener fordert daher eine ganzheitliche Schwangerenvorsorge, in der sowohl die körperlichen als auch die psychischen Aspekte als selbstverständliche Bestandteile gleichermaßen berücksichtigt werden. 

Das wäre auch aus meiner Sicht wünschenswert. Denn eine beeinträchtigte psychische Gesundheit in der Schwangerschaft kann sich erheblich auswirken, etwa das Risiko für eine Frühgeburt erhöhen. Und auch nach der Geburt kann die Bindung zwischen Mutter und Kind dadurch gestört werden. Deshalb wäre es angesichts der vorliegenden Studienergebnisse zudem gut, wenn die beschriebene App-gestützte Achtsamkeitspraxis betroffenen Schwangeren als Ergänzung zur bisher gängigen Praxis bald in der Breite zur Verfügung stehen könnte. Ich berichte euch darüber, sobald das der Fall ist. 

Die Studie wurde im Rahmen des Innovationsfondsprojekts Mind:Pregnancy in Baden-Württemberg umgesetzt. Teilnehmende Zentren waren die Entbindungsstationen der Universitätskliniken Heidelberg und Tübingen sowie mehr als 200 gynäkologische Praxen. Gefördert wurde die Studie durch den Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses.

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme

Als Geburtshausleiterin, Hebamme und Mutter unterstütze ich Frauen dabei ihre Herausforderung während, vor und nach der Schwangerschaft besser zu bewältigen.

Um noch mehr Frauen zu erreichen, startete ich elternundbaby.com. Ich freue mich darauf, dich hier begrüßen zu dürfen.