In ihrem ersten Lebensjahr brauchen Kinder in besonderem Maße Fürsorge und Pflege. Erhalten sie beides in ausreichendem Maße, steht ihrer gesunden weiteren Entwicklung nichts im Wege. Manchmal leben Eltern aber in Lebenslagen, in denen sie für ihr Baby nicht so sorgen können, wie sie es gern möchten. Manchmal sind es bürokratische Hürden, die das Hineinwachsen in den Familienalltag erschweren. Dazu kann beispielsweise der Antrag auf Elterngeld oder Wohngeld gehören. Oder auch die Termine, die durch ein krankes Baby ausgelöst werden können. Es ist egal, was die junge Mama belastet. Die Hilfe der Familienhebamme kann in jedem Fall kostenfrei in Anspruch genommen werden.
Vielleicht hast du schon mal den Begriff „Familienhebamme“ gehört. Was unterscheidet sie von einer „normalen“ Hebamme? Und was macht eine Familienhebamme überhaupt? Darüber möchte ich dich hier informieren.
Für gewöhnlich orientiert sich die Arbeit der „normalen“ Hebammen an den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen möchten. Dabei sind die Kontaktmöglichkeiten und die Zeit von den Krankenkassen stark begrenzt.
Hebammen kümmern sich um die Versorgung von Schwangeren und Hilfe bei Beschwerden, sie sind bei der Geburt, machen Wochenbettbesuche und auch Besuche in der Säuglingszeit.
Was Krankenkassen als Leistungen bei diesen Terminen bezahlen, ist in ihrem Versorgungsvertrag mit den Hebammen genau geregelt.
Haben Schwangere oder Eltern einen Bedarf, der über diese „Kassenleistungen“ hinausgeht, weil sie sich in einer besonderen Belastungssituation befinden, dann übernimmt die Familienhebamme den zusätzlichen Hilfebedarf. Sie kann bis zum ersten Geburtstag des Kindes beratend und helfend zur Seite stehen.
Die meisten Familienhebammen sind auch ausgebildete Hebammen. Sie werden aber von den Kommunen bezahlt. Ihre Zeit ist nicht durch Krankenkassenbudgets eingeschränkt. Gemeinsam können Hebammen und Familienhebammen eine passgenaue Hebammenhilfe für besonderen Bedarf erbringen.
Familienhebammen helfen, wie alle Hebammen, gerne. Aber natürlich nur, wenn eine Familie das wünscht.
Auch bei der Arbeit einer Familienhebamme geht es darum, die Gesundheit von Mutter und Baby zu fördern und die Beziehung zwischen Eltern und Kind zu stärken. Manchmal sind die Lebensumstände von Familien aber so, dass sie den Alltag mit einem Baby und seinen Herausforderungen nur schwer bewältigen können. Mit Hilfe einer Familienhebamme gelingt ihnen das einfach besser. Und irgendwann schaffen sie es dann auch allein ganz prima. Das nennt man „Hilfe zur Selbsthilfe“. Das ist das Ziel, das Familienhebammen erreichen möchten.
Familienhebammen gehören zum Netzwerk der sogenannten Frühen Hilfen. Unter dieser Bezeichnung werden vielfältige Unterstützungsangebote in einer Kommune zusammengefasst. Sie richten sich an (werdende) Mütter, Eltern und Familien mit Kindern bis zu drei Jahren in schwierigen Lebensphasen und -lagen. Die Angebote sind für die Nutzer*innen kostenfrei. Das heißt: Auch die Kosten für den Einsatz einer Familienhebamme übernehmen meist die Kommunen und manchmal auch andere Stellen.
Die Angebotspalette der Frühen Hilfen umfasst aber nicht nur die Begleitung durch eine Familienhebamme. Vielmehr gehören dazu beispielsweise auch regelmäßige Besuche von Familienpatinnen und -paten oder Beratungsangebote zu verschiedenen Problemen wie Schwangerschafts-, Sucht- oder Geldfragen. Mehr dazu kannst du hier Frühe Hilfen auf meinem Blog lesen.
Die Arbeit einer Familienhebamme geht also fachlich und auch zeitlich über das Maß der üblichen Hebammentätigkeit hinaus. Das bedeutet: Der Zeitraum der Begleitung kann auch bereits in der Schwangerschaft beginnen, erstreckt sich aber längstens bis zum ersten Geburtstag des Kindes. Zudem besucht diese Kollegin „ihre“ Familie auch häufiger, als es die traditionelle Hebammentätigkeit vorsieht. Dabei unterstützt sie die ganze Familie mit Tipps, Ratschlägen und tatkräftiger Unterstützung zur Pflege Ernährung, Entwicklung und Förderung des Babys. Außerdem vermittelt eine Familienhebamme Eltern auch, wie sie ihr Kind mit seinen Bedürfnissen besser wahrnehmen und verstehen können. Und auch die Unterstützung und Motivation zur Selbsthilfe bei der Bewältigung des Alltags gehört zu ihren Aufgaben. Darüber hinaus kann eine Familienhebamme bei Bedarf auch bei Arzt- bzw. Behördenbesuchen die Familie begleiten.
Familienhebammen kennen auch andere Unterstützungsangebote vor Ort – und zwar solche, die wie sie selbst Hausbesuche machen, als auch jene, zu denen die Eltern hingehen können. Ins gesamte Netzwerk hinein kann die Familienhebamme entsprechend Kontakte vermitteln, beispielsweise zu einer Familienberatungsstelle, einer Beratungsstelle für Suchtfragen, einer Schreiambulanz, zu weitergehenden medizinischen oder psychologischen Hilfen oder auch zu einer Eltern-Kind-Gruppe. Selbst wenn die Begleitung einer Familienhebamme nach dem ersten Geburtstag des Kindes endet, kann sie eine anschließende Hilfe vermitteln, sobald eine Familie der weiteren Unterstützung bedarf.
Vielleicht fragst du dich jetzt, ob eine Familienhebamme Eltern und Kind auch gleichzeitig als „klassische“ Hebamme betreuen kann. Das ist in den einzelnen Kommunen unterschiedlich geregelt. In manchen Orten wäre das möglich, in anderen nicht. Als Vorrausetzung müsste die Familienhebamme in jedem Fall zugleich auch als freie Hebamme tätig sein.
Wie bekomme ich eine Familienhebamme?
Wie eingangs erwähnt, begleiten Familienhebammen Schwangere und Mütter bzw. Familien in besonderen bzw. belasteten Lebenssituationen. Das kann beispielsweise bedeuten, dass eine Mutter noch sehr jung ist, dass Eltern starke Überforderungsgefühle haben, dass sie mit ihrem Baby nicht klar kommen, dass familiäre Konflikte oder gar häusliche Gewalt eine Rolle spielen, dass eine psychische Erkrankung oder Suchterkrankung die Elternschaft belasten oder dass eine Krise oder finanzielle Schwierigkeiten den Alltag überschatten. Eine Familienhebamme unterstützt auch, wenn ein Migrationshintergrund zur sozialen Barriere wird oder wenn das Baby zu früh geboren wurde, krank bzw. behindert oder verstorben ist.
Familienhebammen sind bei der Kommune, bei kirchlichen Trägern oder freien Trägern angestellt. Einige Familienhebammen sind auch freiberuflich tätig, aber ins Netzwerk der Frühen Hilfen eingebunden.
Wenn du dir die Unterstützung einer Familienhebamme wünscht, kannst du dich z.B. bei diesen Stellen darüber informieren:
• bei deiner Hebamme,
• bei deiner Gemeinde/Kommune (z.B. Gesundheitsamt, Jugendamt),
• in jeder Schwangerschaftsberatungsstelle,
• in jeder Familien- und Erziehungsberatungsstelle,
• in deiner Frauenarzt- und Kinderarztpraxis,
• bei Verbänden (z.B. der Paritätische Wohlfahrtsverband, der Kinderschutzbund),
• in deiner Kirschengemeinde (Caritas, Diakonie).
Denn es ist leider bundesweit (noch) nicht einheitlich geregelt, wo oder wie du eine Familienhebamme bekommen kannst. Das Recht auf ihre Begleitung steht dir jedoch zu. Scheue dich also nicht zu erfragen, wer bei dir vor Ort für die Familienhebammen zuständig ist.
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Katharina Jeschke
Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme, zertifizierte Erste Hilfe Trainerin, zertifizierte Schlafcaochin für Babys und Kinder
Als Hebamme, Schlafcoachin für Babys und Kinder, sowie als Erste Hilfe Trainerin unterstütze ich Frauen und Eltern dabei Schwangerschaft, Geburt und die Zeit als Eltern gut und entspannt zu gestalten. Ich bin selbst Mama von zwei bezaubernden Kindern.
Kinder sollen sicher und geborgen wachsen können. Dafür brauchen sie starke Eltern, die mit Wissen und Intuition die Entwicklung ihrer Kinder begleiten. Meine Hebammenhilfe soll Eltern das Wissen und Vertrauen geben, das sie ihren individuellen Weg finden und gehen können.
Dieser Blog elternundbaby.com ergänzt meine online Hebammensprechstunde und meine online Kurse von notdiensthebamme.de