Kaum auf der Welt, läuft dem Baby schon das Näschen. Kurze danach bekommt das Kleine Fieber, muss heftig husten und kann schlechter atmen. Bereits Neugeborene können sich mit dem sogenannten Respiratorischen Synzytial-Virus (kurz: RSV) infizieren. Besonders gefährdet für einen schweren Infektionsverlauf sind Frühgeborene, Säuglinge sowie Kinder mit bestimmten Vorerkrankungen. Deshalb hat die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch Institut nun empfohlen, alle Neugeborenen und Säuglinge in Deutschland vor ihrer ersten erlebten RSV-Saison mit einer einmaligen Prophylaxe gegen das Virus zu schützen. 

Das RS-Virus verursacht akute Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege. Und zwar in jedem Lebensalter! Dieses kleine fiese Virus kann also schon ganz junge Kinder befallen und Atemwegsinfektionen auslösen. Lediglich in den ersten vier bis sechs Lebenswochen besitzen reife Neugeborene durch von der Mutter übertragene Antikörper einen gewissen Nestschutz, wenn sie in der Schwangerschaft eine RSV-Infektion durchgemacht hat. Zu früh geborene Kinder hingegen tragen ab ihrem Frühstart ins Leben ein hohes Risiko, bereits in den ersten Lebenswochen schwer an einer RSV-Infektion zu erkranken, weil ihr Nestschutz deutlich geringer ausfällt. 

Laut Robert Koch Institut, das wir spätestens seit der Corona-Pandemie gut kennen, haben 50 bis 70 Prozent aller Kinder in ihrem ersten Lebensjahr mindestens eine RSV-Infektion durchlebt – und nahezu alle Kinderbis zu ihrem zweiten Geburtstag.

Bei einigen erkrankten Babys bleibt eine RSV-Infektion „nur“ auf die oberen Atemwege beschränkt, was meist zu milderen Krankheitsverläufen führt. Es zeigen sich ein Schnupfen, ein nichtproduktiver Husten, eventuell Halsschmerzen sowie auch bei leichteren Verläufen meist Fieber. Schwerere Verläufe können entstehen, wenn die Infektion zu den unteren Atemwegen wandert. Dort kann sie u.a. die Bronchiolen, die Luftröhre, die Schleimhäute in den Bronchien und auch die Lunge des Kindes entzünden (Bronchiolitis, Tracheobronchitis, Pneumonie). 

Für die betroffenen Babys ist das sehr belastend und gefährlich. Denn sie können dann meist sehr viel schlechter trinken bzw. Nahrung aufnehmen, sie müssen oft schrecklich husten, bekommen manchmal sogar Atemnot und sind meist in einem reduzierten Allgemeinzustand. Gerade Neugeborene und Säuglinge in ihrem ersten halben Lebensjahr tragen ein besonders hohes Risiko, schwer an RSV zu erkranken. Die meisten ungünstigen RSV-Verläufe wurden bei zuvor gesunden Säuglingen beobachtet. Nicht selten müssen betroffene Kinder dann im Krankenhaus auch stationär behandelt und überwacht werden.

Ebenfalls stark gefährdet für problematische Verläufe sind vorerkrankte Kinder. Dazu gehören Kinder mit chronischen Erkrankungen der Lunge oder des Herzens, mit komplexen angeborenen Herzfehlern, mit angeborenen oder erworbenen Störungen des Immunsystems, mit neuromuskulären Erkrankungen, mit verschiedenen Syndromen wie  z.B. Trisomie 21 oder mit angeborenen Fehlbildungen.

Insgesamt muss festgestellt werden: Neugeborene und Säuglinge kommen in Deutschland am häufigsten wegen einer RSV-Infektion ins Krankenhaus. Keine andere Erkrankung begründet die stationäre Einweisung so oft wie schwer verlaufende Infektionen der unteren Atemwege. Genau das möchte die STIKO mit ihrer Empfehlung zur RSV-Prophylaxe ändern. 

Im Folgenden will ich dazu einige wichtige Fragen klären:

Wie kann sich das Baby mit RSV anstecken? Die Übertragung erfolgt hauptsächlich über Tröpfchen-Infektion. Das musst du dir etwa so vorstellen: Bei einer RSV-infizierten Person siedelt das Virus im Mund- und Rachenraum und/oder Atmungstrakt. Wenn diese Person nun niest, hustet oder spricht, wirbeln winzige Speichel-Tröpfchen durch die Luft und werden vom Baby eingeatmet. In anderen Fällen nimmt das Kind die Tröpfchen direkt über die Schleimhäute seiner oberen Luftwege auf, zum Beispiel durch einen Kuss der infizierten Person.

Deshalb ist es auch so wichtig, Hygieneregeln einzuhalten – also z.B. hygienisches Niesen und Husten sowie vor allem regelmäßiges Händewaschen. Es wird nämlich angenommen, dass eine Übertragung auch indirekt über kontaminierte Hände und sogar Gegenstände sowie Oberflächen erfolgen kann. Dazu teilt das Robert Koch Institut mit: RS-Viren an Händen bleiben etwa 20 Minuten infektiös und z.B. auf Papierhandtüchern oder Kleidung aus Baumwolle sogar 45 Minuten. Auf Kunststoffoberflächen oder Einmalhandschuhen halten sie sich gar bis zu mehreren Stunden.  

Ist der Krankheitserreger eingedrungen, treten nach durchschnittlich fünf Tagen die ersten Symptome auf.

Wie wird eine RSV-Infektion beim Baby festgestellt? Ist das Kind schlapp, blass und kraftlos, hat es Fieber und atmet es schnell und angestrengt, kann eine RSV-Infektion vorliegen. Bei schwereren Verläufen ist sie auch oft beim kinderärztlichen Abhören zu hören durch ein typisches „Knister-Rasseln-Geräusch“. Zur Abklärung wird manchmal ein Rachenabstrich und ein PCR-Test vorgenommen.

Wie wird eine RSV-Infektion behandelt? Da es sich um ein Virus handelt, hilft kein Antibiotikum. Leider können nur die Symptome gelindert werden – z.B. durch ganz viel Ruhe fürs Kind, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, ggf. fiebersenkende Maßnahmen sowie die Vergabe von Kochsalzlösung ins Näschen, damit das Baby besser atmen und trinken kann. Abschwellende Nasentropfen sollte ein Säugling möglichst nicht erhalten. Zeigt das Kind Auffälligkeiten beim Atmen, sollte es in jedem Fall in der kinderärztlichen Praxis vorgestellt werden. Vorerkrankte Babys und Frühgeborene gehören schon bei Husten und Fieber in kinderärztliche Hände.

Wann ist eigentlich „RSV-Saison“? Diese Infektionen treten wie die Grippe meist in den Herbst- und Wintermonaten auf, also etwa von Oktober bis März. Als „Spitzenmonate“ für Infektionen sind der Januar und Februar beschrieben.

Welche Impfung empfiehlt die STIKO gegen eine RSV-Infektion? Der Wirkstoffist ein vorgefertigter Antikörper namens Nirsevimab (Produktname:Beyfortus®). Er wird einmalig dem Kind verabreicht und schützt Neugeborene und Säuglinge sofort vor RSV-Erkrankungen insbesondere der unteren Atemwege. Dies nennt man „passive Immunisierung“, weil das Immunsystem des Kindes nach der Impfung nicht erst noch selbst einen Schutz aufbauen muss. Auch eine Auffrischungsimpfung ist nicht nötig.

Nirsevimab wird in der zum Gewicht des Babys passenden Dosis als einmalige Gabe in den Oberschenkel gespritzt.

Wann soll ich mein Kind impfen lassen? Für die RSV-Prophylaxe empfiehlt die STIKO unabhängig vom Gestationsalter und den Risikofaktoren eines Säuglings folgende Zeitpunkte:

• Säuglinge, die zwischen April und September geboren sind, sollten gleich im Herbst (zwischen September und November) die Prophylaxe erhalten – also vor ihrer ersten erlebten RSV-Saison.

• Neugeborene, die während einer RSV-Saison zur Welt kamen (also zwischen Oktober und März), sollten so rasch wie möglich nach ihrer Geburt geimpft werden. Das Robert Koch Institut hält den Zeitpunkt der Entlassung aus der Geburtseinrichtung für ideal bzw. bei der Früherkennungsuntersuchung U2 (3. bis 10. Lebenstag). „Eine versäumte Nirsevimab-Gabe soll innerhalb der ersten RSV-Saison des Kindes schnellstmöglich nachgeholt werden“, so das RKI. 

Wie sicher ist die RSV-Prophylaxe mit dem Antikörper? Sehr sicher, sie wird von den Kleinen in der Regel gut vertragen. Lediglich die kleine Einstichstelle kann wie bei anderen Impfungen auch eine kleine Rötung oder Schwellung zeigen, die aber rasch abklingen.

Wie lange schützt die RSV-Prophylaxe mein Kind? Die gesamte RSV-Saison hindurch und hier insbesondere bei unteren Atemwegsinfektionen vor bedrohlichen Krankheitsverläufen. 

Warum soll mein Kind nicht vor jeder RSV-Saison neu immunisieren werden? Ganz einfach: Weil Neugeborene und Säuglinge unter sechs Monaten in ihrer ersten erlebten RSV-Saison das höchste Risiko für schwere Infektionsverläufe haben. Im fortgeschrittenen Alter profitieren sie nicht mehr von dem hohen Nutzen des Antikörpers, auch weil sie dann wahrscheinlich schon ihre erste RSV-Infektion hinter sich haben und ihr Immunsystem selbst eine Antwort gegen das Virus geben kann.

Kann mein Kind nach einer durchgemachten RSV-Infektion erneut erkranken? Das ist durchaus möglich, einen absoluten Schutz davor gibt es nicht. Aber selbst wenn bei der zweiten RSV-Infektion die unteren Atemwege des Kindes mitbetroffen sind, ist der Krankheitsverlauf in den allermeisten Fällen ganz überwiegend deutlich leichter als beim ersten Mal. Und ein erzwungener Krankenhausaufenthalt ist so gut wie nie mehr nötig.

Kann ich als Mama mein Neugeborenes vor RSV-Erkrankung schützen, indem ich mich schon während der Schwangerschaft gegen RSV impfen lasse? Mit dieser Frage wird wieder der sogenannte Nestschutz angesprochen, den die Mutter ihrem Kind für die ersten Lebenswochen verleiht (Leihimmunität). Würde sie in der Schwangerschaft eine RSV-Impfung erhalten, so könnte sie die entsprechenden Antikörper über die Plazenta an ihr Baby weitergeben.

Die STIKO hat für eine solche RSV-Impfung in der Schwangerschaft jedoch noch keine Empfehlung ausgesprochen. Es gibt zwar einen RSV-Impfstoff, der von der Europäischen Union für Schwangere zugelassen ist. Aber der STIKO ist die dazugehörige Datenlage noch viel zu dünn. 

Und schließlich: Wer ist die STIKO überhaupt? Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch Institut besteht aus unabhängigen Expert*innen. Das Gremium entwickelt seit 1972 Empfehlungen dazu, welche Impfungen Kinder und Erwachsene in Deutschland erhalten sollten. Dabei wägt die STIKO den Nutzen und die Risiken einer Impfung sowohl für den einzelnen Menschen bzw. einer Personengruppe als auch für die gesamte Gesellschaft ab. Die Empfehlungen der STIKO basieren stets auf nachgewiesenen medizinischen Zusammenhängen und Wirksamkeiten. Dafür werden regelmäßig die jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse herangezogen.

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme, zertifizierte Erste Hilfe Trainerin, zertifizierte Schlafcaochin für Babys und Kinder

Als Hebamme, Schlafcoachin für Babys und Kinder, sowie als Erste Hilfe Trainerin  unterstütze ich Frauen und Eltern dabei Schwangerschaft, Geburt und die Zeit als Eltern gut und entspannt zu gestalten. Ich bin selbst Mama von zwei bezaubernden Kindern.

Kinder sollen sicher und geborgen wachsen können. Dafür brauchen sie starke Eltern, die mit Wissen und Intuition die Entwicklung ihrer Kinder begleiten. Meine Hebammenhilfe soll Eltern das Wissen und Vertrauen geben, das sie ihren individuellen Weg finden und gehen können.

Dieser Blog elternundbaby.com ergänzt meine online Hebammensprechstunde und meine online Kurse von notdiensthebamme.de