Bereits in antiken Kulturen wie etwa bei den Römern oder alten Griechen wurden Babys eng in Tücher gewickelt. Kunsthistorische Darstellungen zeigen manchmal auch ein derart „eingepacktes“ Jesuskind in der Krippe. Selbst im neuzeitlichen Westeuropa waren bis ins 18. Jahrhundert hinein spezielle Wickelmethoden mit langen Stoffbahnen weit verbreitet. Daneben ist es bei manchen Naturvölkern wie beispielsweise den Inuit bis heute tief verwurzelte Tradition, ihre Babys zur Beruhigung fest in Tücher zu wickeln. 

In Deutschland wird diese Methode heute „Pucken“ genannt. Sie erfreut sich unter Eltern seit einigen Jahren wieder zunehmender Beliebtheit. Unter dem Begriff „Pucken“ hat sich eine etwas modifizierte Form mittlerweile durchgesetzt. Auch ich bekomme immer wieder Anfragen von Müttern nach der „richtigen“ Technik. Gleichzeitig schlagen kinder- und jugendärztliche Fachleute aber Alarm und raten wegen möglicher Gefahren von dieser Einwickelmethode dringend ab. Deshalb will ich einen Blick mit euch darauf werfen.

Sinn und Ziel vom Pucken 

Vor allen in den letzten Schwangerschaftsmonaten erlebt das Baby im Bauch der Mutter eine zunehmende Enge. Mit seinem Körper, seinen Ärmchen und Beinchen, stößt es jetzt immer wieder im wahrsten Sinne des Wortes an Grenzen. Und fühlt sich dabei trotzdem wohlig warm geborgen. Dieses Gefühl will das Pucken nachahmen.

Die Theorie: Mit der Geburt prasseln lauter neue Eindrücke auf das Baby ein. Jetzt ist es nicht nur mit anderen Geräuschen, Gerüchen, Temperaturen oder Lichtverhältnissen konfrontiert, sondern es erlebt auch plötzlich eine ganz neue grenzenlose Bewegungsfreiheit. Der Säugling kann jetzt seine Arme und Beine frei bewegen, ohne an eine Grenze zu stoßen. In der Summe kann so viel Neues das Kind auch verunsichern und ihm Angst machen, so lautet die Annahme. Möglicherweise weint das Baby dann viel oder ist zumindest sehr unruhig, um seinem Unwohlsein Ausdruck zu verleihen.   

Durch das Pucken, also das enge Einwickeln des Kindes, soll das Baby nun wieder die vertraute Enge und Begrenzung spüren, die es im Mutterleib erfahren hat. Es geht also um die Vermittlung von Sicherheit und Geborgenheit. Gerade Schreikinder  und Frühgeborene könnten davon profitieren, so wird vermutet.

Außerdem soll das Pucken den sogenannten Moro-Reflex, bzw. dessen Folgen auf das Kind unterdrücken. Dieser durch bestimmte Reize ausgelöste Reflex bedeutet: Das Neugeborene breitet im Schlaf plötzlich die Ärmchen ruckartig zur Seite aus und spreizt dabei seine Finger. Manchmal streckt es dabei auch die Beinchen aus. Nach kurzer Zeit nimmt es die Arme wieder an den Körper und zieht sie vor seiner Brust zusammen. Dieser Reflex wird von Eltern oft als Erschrecken gedeutet, er ist jedoch üblich, harmlos und nur vorübergehend. Ob sich das Kind dabei unwohl fühlt, ist nicht bewiesen. Der Reflex lässt die Kleinen jedoch manchmal aus dem Schlaf erwachen. Manche Babys haben dann Schwierigkeiten, alleine wieder einzuschlafen. Hier soll das Pucken also für entspannteren Schaf des Kindes sorgen.

Als weiterer Effekt der Einwickelmethode wird angenommen, dass sie das Baby mit Wärme umhüllt, welche auch Blähungen vorbeugen und/oder Bauchweh lindern kann. 

Wichtig ist mir an dieser Stelle zu sagen: Fest steht, dass Pucken kein Allheilmittel sein kann. Es ist kein Ersatz für die tröstliche körperliche Nähe von Babys vertrauten Bezugspersonen. Die Wickeltechnik eignet sich auch nicht pauschal für jedes Baby. Manche Säuglinge mögen das einfach nicht. Wenn ihr also euer Kind pucken möchtet, so solltet ihr dabei auf jeden Fall aufmerksam beobachten, ob sich euer Kind damit wohlfühlt und einen zufriedenen Eindruck macht – oder eben nicht. 

Wie geht Pucken?

Für alle, die sich für diese Methode interessieren: Es gibt verschiedene Wickeltechniken, die aber letztlich stets zum gleichen Ergebnis führen. Der gesamte Körper des Säuglings wird in Rückenlage in ein großes Baumwolltuch, ein extra Pucktuch mit Klettverschluss oder einen sogenannten Pucksack gewickelt, so dass nur noch das Köpfchen herausschaut.

Auf diese Weise soll die Bewegungsfreiheit des Säuglings eingeschränkt werden. Die Ärmchen liegen eng am Körper an, eventuell sind sie auch abgewinkelt und zeigen mit den Fäustchen nach oben. 

Achtung: Auf keinen Fall zu fest wickeln, aber auch nicht zu locker! Besonders der Bereich des Beckens braucht ausreichen Platz und darf nicht eingeengt werden.

Nicht empfehlenswert sind Wickelvarianten, bei denen die Beine des Säuglings bewegungslos gestreckt werden. Das kann zu Hüftfehlstellungen führen, dazu später mehr. Deine Hebamme kann dir möglicherweise die passende Wickeltechnik fürs Pucken zeigen. 

Wenn das Becken zu eng gepuckt ist, birgt diese Methode Risiken für das Baby. Dies gilt besonders für Kinder, die mit Plastikwindeln gewickelt sind, da diese naturgemäß die Beine weniger spreizen, als bei Stoffwindelsystemen.

Risiken durchs Pucken

Wann pucken? Das Baby wird nur in den ersten Lebenswochen gepuckt. Und das auch nur zum Schlafen. Ist es wach, sollte es seine Bewegungsfreiheit behalten. Zudem wickeln viele Eltern ihr Kind auch nur tagsüber für das Schläfchen ein, weil sie das Baby dann im Blick behalten können. Nachts, wenn die Eltern selbst schlafen, verzichten viele gänzlich aufs Pucken. 

Wann beenden? Wenn dein Kind versucht, sich auf den Bauch zu drehen bzw. dies beginnt zu üben, musst du sofort mit dem Pucken aufhören. Andernfalls ist nämlich das Risiko zu groß, dass sich das eingewickelte Baby auf die Seite oder auf den Bauch dreht und nicht wieder zurückkommt. Das wiederum kann seine Atmung behindern. In dem Fall erhöht sich auch das Risiko für den Plötzlichen Kindstod.

Daneben birgt die Wickelmethode bestimmte weitere Risiken. Diese können auch durch falsches Einwickeln entstehen (z. B. zu fest) oder wenn Eltern Warnzeichen nicht rechtzeitig erkennen (z. B. Überhitzung). Folgende mögliche Gefahren sind beschrieben:

Pucken begünstigt Hüftdysplasien: Studien weisen darauf hin, dass das Pucken eine Fehlstellung der Hüften beim Baby (Hüftdysplasie) verursachen kann. In den ersten zwei bis drei Lebensmonaten empfängt Babys Hüfte nämlich Wachstumsreize durch die Stellung der Beine. Dafür sind sie gespreizt und leicht angezogen – eben genau so, wie bei Babys die übliche Beinstellung in den ersten Lebenswochen ausschaut. Werden die Beinchen jetzt jedoch durch entsprechendes Einwickeln in die Streckung gezwungen, so stört das die gesunde Entwicklung der Hüfte. Schlimmstenfalls kann die Hüfte sogar ausgekugeln. Das Risiko dafür wird durch das Wickeln des Babys mit Stoffwindeln reduziert. Dennoch ist es wichtig, das Puck-Tuch im Beckenbereich locker zu wickeln.

Auch gibt es spezielle Pucksäcke, um dieses Risiko zu reduzieren. Darin spürt das Baby am Oberkörper und an den Armen die Begrenzung, hat aber genügend Platz, um seine Beinchen in natürlicher Stellung zu bewegen. 

Achtung: Ein Baby, das bereits mit einer Fehlstellung der Hüften geboren wurde, darf auf keinem Fall gepuckt werden! 

Pucken kann Nerven abklemmen: Wird das Kind zu fest „eingepackt“, können dadurch Nerven abklemmt werden. Das führt zu einer möglichen dauerhaften Schädigung.

Überhitzung durchs Pucken: In dem Tuch, in das das Baby gewickelt ist, entsteht Wärme. Das kann zur Überhitzung führen, was ebenfalls das Risiko für den Plötzlichen Kindstod erhöht. Deshalb: Verzichtet auf das Pucken an sehr warmen Tagen oder wenn das Kind Fieber hat! Eltern sollen auch darauf achten, das Kind beim Pucken nicht zu warm anzuziehen. Wichtig ist ebenso, die Schlafumgebung im Raum nicht zu hoch zu temperieren. Nutze immer ein Mulltuch aus Baumwolle, wenn du deinem Baby die Behaglichkeit des Puckens geben möchtest. Darin ist das Risiko der Überwärmung reduziert.

Pucken kann flachen Hinterkopf begünstigen: Da das Baby beim Pucken ausschließlich auf dem Rücken liegt, kann das lagerungsbedingt zu einem platteren Hinterkopf führen. Denn die Schädelstrukturen sind noch weich und formbar. Genau genommen ist das natürlich kein Risiko des Puckens, sondern ein Risiko der Rückenlage. Da Babys im Pucktuch aber häufig besser schlafen, liegen sie länger in der Rückenlage. Ein spezielles Lagerungskissen hilft, die Entstehung des platten Schädels zu verhindern.

Pucken kann das Schreien behindern: Ist das Baby zu straff gepuckt, oder das Pucktuch nicht ausreichend elastisch, kann es passieren, dass die Babylunge nicht genug Platz hat, um „ordentlich“ schreien zu können oder dafür tief Luft zu holen. Die Alternative zum Pucken wäre auch hier eine Tragetuch. Darin spürt der Säugling ebenfalls Begrenzung und Nähe, aber nichts behindert seine Atmung.  

Mein Fazit

Pucken kann Babys viel Sicherheit geben. Es kann aber das Bedürfnis nach Nähe nicht ersetzen. Es ist wichtig, dass für das Pucken die richtigen Materialien (Baumwolle und trotzdem dehnbar) benutzt werden und das Baby mit der richtigen Technik (nicht zu fest) gewickelt wird. Sobald Babys aber Freiheit für die Bewegungsentwicklung brauchen, ist es Zeit, das Pucken zu beenden. Es gibt viele gute Gründe, dein Baby mit Stoffwindeln zu wickeln. Wenn dein Kind die Behaglichkeit des Bauches durch das Pucken liebt, hast du noch einen wichtigen Grund, dein Kind nicht in Plastikwindeln zu wickeln.

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme, zertifizierte Erste Hilfe Trainerin, zertifizierte Schlafcaochin für Babys und Kinder

Als Hebamme, Schlafcoachin für Babys und Kinder, sowie als Erste Hilfe Trainerin  unterstütze ich Frauen und Eltern dabei Schwangerschaft, Geburt und die Zeit als Eltern gut und entspannt zu gestalten. Ich bin selbst Mama von zwei bezaubernden Kindern.

Kinder sollen sicher und geborgen wachsen können. Dafür brauchen sie starke Eltern, die mit Wissen und Intuition die Entwicklung ihrer Kinder begleiten. Meine Hebammenhilfe soll Eltern das Wissen und Vertrauen geben, das sie ihren individuellen Weg finden und gehen können.

Dieser Blog elternundbaby.com ergänzt meine online Hebammensprechstunde und meine online Kurse von notdiensthebamme.de