Werdende Mütter streichen sich liebevoll über ihren wachsenden Bauch, freuen sich unbändig auf ihr Kind, feiern auf der Baby-Party, die ihre beste Freundin organisiert hat, und teilen ihr happy life gerne mit der Welt auf Social Media. – So oder ähnlich sieht oft die romantische Vorstellung davon aus, wie es für Frauen ist, ein Kind zu erwarten. Und ja, die meisten Frauen freuen sich auch auf ihr Kind und sehen dem Ereignis positiv entgegen.
Dennoch kann die Zeit bis zur Geburt auch hin und wieder von Zweifeln, Sorgen oder Ängsten begleitet sein. Werde ich die Geburt gut meistern? Schaffe ich/schaffen wir das hinterher finanziell? Werde ich eine „gute“ Mutter sein können? Was kann ich meinem Kind bieten? Wie geht es bei mir später beruflich weiter? Gute und schlechte Tage sind während einer Schwangerschaft völlig normal – und zwar unabhängig davon, ob das Kind lange herbeigesehnt wurde oder sich ungeplant angemeldet hat. Allein schon die Hormone sorgen oft genug für Stimmungsschwankungen und gedankliche wie gefühlsmäßige Achterbahnfahrt.
Bei manchen Frauen beginnen dunkle Gedanken und negative Gefühle jedoch, den Alltag mehr und mehr zu beherrschen: Dann kann es sich um eine Schwangerschaftsdepression handeln. Sie trifft immerhin auf durchschnittlich 12 von 100 Schwangeren zu.
Eines ist mir gleich vorweg wichtig: Eine Schwangerschaftsdepression ist nichts, wofür sich die Betroffene schämen müsste! Vielmehr handelt es sich um eine seelische Erkrankung, die – ebenso wie viele körperliche Erkrankungen – erfolgreich behandelt werden kann. Der wichtigste und mutigste Schritt dabei ist als, sich Hilfe zu suchen (mehr dazu unten). Damit sorgst du nicht nur für deine seelische und körperliche Gesundheit, sondern auch für die deines Kindes. Studien haben nämlich gezeigt, dass die Babys von Frauen mit einer Schwangerschaftsdepression öfter zu früh auf die Welt kommen. Zudem können die Kinder kleiner bzw. leichter sein, und einigen Neugeborenen fällt es auch schwerer, sich an ihre neue Welt „da draußen“ anzupassen. Das Ungeborene ist nämlich während einer Schwangerschaftsdepression einer höheren Anzahl von Stresshormonen ausgesetzt. Darüber hinaus kann sich aus einer unbehandelten Schwangerschaftsdepression nach der Geburt auch eine behandlungsbedürftige Wochenbettdepression entwickeln.
Woran kann man eine Schwangerschaftsdepression erkennen?
Eine Schwangerschaftsdepression gleicht in vielen Symptomen generell einer Depression. Charakteristisch ist ein anhaltendes Stimmungstief. Als „anhaltend“ gilt dabei der Zeitraum von (mehr als) zwei Wochen. Es gibt unterschiedliche Anzeichen, die auf eine mögliche Schwangerschaftsdepression hinweisen.
• Selbstzweifel und Ängste nehmen immer mehr Raum ein. Dabei wird auch oft die Beziehung zum Kind in Frage gestellt und ebenso die Fähigkeit, eine gute Mutter sein zu können. Auch können Zweifel, ob sie ihr Kind genug wird lieben können, eine Schwangere zunehmend plagen.
• Ein anhaltendes Gefühl von Leere und Traurigkeit macht sich breit.
• Die Frau verliert ihr Interesse an Dingen, die ihr früher Freude bereitet haben. So rücken Hobbys und soziale Kontakte immer weiter in den Hintergrund.
• Nähe zu anderen sowie zum Partner bereiten der Schwangeren Probleme, und sie zieht sich immer weiter zurück.
• Die Frau bricht schnell in Tränen aus und/oder reagiert oft gereizt.
• Schuldgefühle kommen auf, da die Schwangere glaubt, die gesellschaftliche Erwartung nicht zu erfüllt, sich vorbehaltlos auf sein Kind zu freuen.
Eine Schwangerschaftsdepression macht sich auch körperlich bemerkbar.
• Die werdende Mutter leidet unter Appetitlosigkeit.
• Ein wiederkehrendes nächtliches Gedankenkarussell sorgt für Schlafstörungen und raubt die Nachtruhe. Eine sich ausbreitende bleiernde Müdigkeit macht es dann oft schwierig, durch den Tag zu kommen.
• Es kann zu Bauchschmerzen und Übelkeit kommen, die nichts mit der Schwangerschaft zu tun haben.
Warum kommt es zu einer Schwangerschaftsdepression?
Letztlich ist bisher keine genaue Ursache auszumachen. Frauen in allen Lebenslagen können an einer Schwangerschaftsdepression erkranken: von der Akademikerin bis zur Bezieherin staatlicher Transferleistung, von der Single-Frau bis zur Mutter von bereits mehreren Kindern, von der Schwangeren mit Wunschkind bis zur Frau, die ungewollt schwanger wurde.
Dennoch gibt es verschiedene Lebensumstände, die das Risiko, an einer Schwangerschaftsdepression zu erkranken, erhöhen. Liegen solche Lebensumstände vor, sind werdende Mütter häufiger von einer Depression betroffen als andere Schwangere.
Zu den Risikofaktoren gehören:
Psychische Vorerkrankungen: Wer bereits eine vorangegangene Depression oder eine andere seelische Erkrankung erfahren hat, die unabhängig von einer Schwangerschaft aufgetreten ist, entwickelt eher eine Schwangerschaftsdepression als nicht Vorerkrankte.
Schwierige, belastende Lebensumstände: Dazu gehören schwerwiegende Probleme bzw. Auseinandersetzungen in der Partnerschaft. Aber auch Geldsorgen, fehlende familiäre Unterstützung oder bestimmte unverarbeitete Lebensereignisse aus der Vergangenheit (z. B. Gewalterfahrungen) können ein Nährboden für eine Schwangerschaftsdepression sein.
Problematische Schwangerschaftsverläufe: Belastende Unregelmäßigkeiten/Risiken können depressive Ängste schüren. Das gilt gleichermaßen, wenn die Frau in einer vorangegangenen Schwangerschaft Komplikationen oder gar eine Fehlgeburt erlebt hat.
Was hilft bei einer Schwangerschaftsdepression?
Vielleicht hast du selbst den Eindruck, dass sich bei dir mehr als nur ein vorüberziehendes Stimmungstief zusammenbraut. Möglicherweise fällt auch Angehörigen in deinem nahen Umfeld (z. B. Partner/in, Freundin oder Mutter) auf, dass du Hilfe benötigst. Dann zögere nicht, mit einer Person deines Vertrauens zu sprechen. Du kannst dich beispielsweise wenden an
• deine Hebamme,
• deine Frauenärztin bzw. deinen Frauenarzt,
• die Selbsthilfeorganisation Schatten & Licht e. V. (https://schatten-und-licht.de/), die speziell für Frauen in seelischen Krisen rund um die Schwangerschaft und Geburt da ist,
• eine Schwangerschaftsberatungsstelle wie etwa pro familia (www.profamilia.de),
• Das kostenlose Hilfetelefon für Schwangere in Not unter 0800 40 40 00, das rund um die Uhr besetzt.
Unabhängig davon, welche Stelle die betroffene Schwangere kontaktiert – in jedem Fall hört ihr jemand zu und nimmt ihre Gefühle ernst. Allein das bringt erfahrungsgemäß bereits erste Entlastung. Dann wird gemeinsam geschaut, wie eine weitere konkrete Hilfe aussehen kann. Das kann auch der vermittelte Kontakt zu einer entsprechend spezialisierten psychotherapeutischen Praxis sein. Und in der Behandlung durch Fachärzte stehen Gesprächstherapien im Vordergrund.
Manchmal wird zusätzlich eine Behandlung mit einem verschreibungspflichtigen Antidepressivum notwendig. Die behandelnde Fachärztin bzw. der Facharzt achtet dabei genau auf die Zusammensetzung und Dosierung der Medikamente, um das Kind keinem Risiko auszusetzen. Grundsätzlich gilt: Jede Art von stimmungsaufhellenden Medikamenten sollten Schwangere immer nur in ärztlicher Absprache nehmen und dabei weder die Dosierung noch die Einnahme in Eigenregie verändern.
Was kannst du selbst bei einer Schwangerschaftsdepression tun?
Wenn du erkrankt bist, kannst du auch selbst einiges für deine seelische Gesundheit tun. Aber auch vorbeugend können folgende Ratschläge helfen.
• Bewege dich möglichst viel, vor allem an der frischen Luft. Bereits regelmäßige Spaziergänge draußen sind einfach umzusetzen und echte Stimmungsaufheller.
• Achte auf eine gesunde Ernährung. Dazu ist es auch wichtig, viel zu trinken (vorzugsweise Wasser). Mehr über Ernährung in der Schwangerschaft findest du auf meinem Blog hier.
• Suche das Gespräch mit Vertrauenspersonen. Das alte Sprichwort „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ hat einfach seine Berechtigung.
• Scheue dich nicht, Unterstützungsangebote im Alltag von Angehörigen und aus dem Freundeskreis anzunehmen. Das ist mehr als okay – es ist sehr verantwortungsvoll!
• Sei nachsichtig mit dir. Du bist keine schlechte Mutter, nur weil du eventuell erkrankt bist.
• Verabschiede dich von der Vorstellung, dass alles perfekt sein muss (z. B. das Kinderzimmer schon instagramtauglich eingerichtet, der Haushalt läuft wie am Schnürchen usw.). Du musst niemandem etwas beweisen.
• Besuche Gruppentreffen oder Kurse, die dich mit anderen Schwangeren zusammenbringen. Das kann beispielsweise ein Yogakurs für Schwangere sein, der für Entspannung sorgt, oder auch eine Selbsthilfegruppen, die Austausch mit anderen betroffenen Frauen bietet.
• Sei geduldig mit dir. Die Behandlung einer Depression erfordert Zeit.
• Sei stolz auf dich. Du hast den mutigen ersten Schritt getan, dir Hilfe zu suchen!
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Katharina Jeschke
Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme, zertifizierte Erste Hilfe Trainerin, zertifizierte Schlafcaochin für Babys und Kinder
Als Hebamme, Schlafcoachin für Babys und Kinder, sowie als Erste Hilfe Trainerin unterstütze ich Frauen und Eltern dabei Schwangerschaft, Geburt und die Zeit als Eltern gut und entspannt zu gestalten. Ich bin selbst Mama von zwei bezaubernden Kindern.
Kinder sollen sicher und geborgen wachsen können. Dafür brauchen sie starke Eltern, die mit Wissen und Intuition die Entwicklung ihrer Kinder begleiten. Meine Hebammenhilfe soll Eltern das Wissen und Vertrauen geben, das sie ihren individuellen Weg finden und gehen können.
Dieser Blog elternundbaby.com ergänzt meine online Hebammensprechstunde und meine online Kurse von notdiensthebamme.de