Es ist eine Kunst, Frauen in der Schwangerschaft, während der Geburt und in der Stillzeit gut zu begleiten. Diese Kunst war in der Historie des Hebammenberufes über Jahrtausende ausschließlich Frauen vorbehalten. Sie übermittelten ihr Können von Generation zu Generation und reicherten auf diesem Weg Wissen und Erfahrung stetig an. Daher konnte jede Schwangere stets sicher sein: Wenn ich in den Wehen liege, stehen mir nicht nur andere Frauen aus der Nachbarschaft zur Seite, sondern vor allem eine erfahrene Hebamme. Über eine sehr lange Zeit haben werdende Mütter während der Geburt also eine Eins-zu-Eins-Betreuung durch eine Hebamme erfahren. Mehr zur Historie des Hebammenberufes erfährt du in diesem Beitrag. Wenn dich interessiert, wie das heute aussieht, kannst du hier mehr darüber lesen.

Hebammen sind unersetzliche Begleiterinnen

Die Hebamme wurde früher auch Wehemutter genannt und spielte stets eine herausragende Rolle – sowohl als kunstfertige Helferin der Gebärenden als auch als gesellschaftliche Institution. Bis heute sind Hebammen mit all ihrem fundierten Wissen wichtige – ich finde: unersetzliche! – Begleiterinnen für Frauen auf ihrem Weg von der Schwangerschaft über die Geburt bis hin zum Ende der Stillzeit.

Das spiegelt sich mitunter auch in anderen Sprachen wider. Im englischsprachigen Raum werden wir beispielsweise „midwife“ genannt, also „die Frau, die mitgeht“. Auf französisch heißt Hebamme „sage-femme“, was „weise Frau“ bedeutet. Das deutsche Wort „Hebamme“ entstand etwa im 9. Jahrhundert aus dem althochdeutschen Begriff „heviana“. Hier zeigt sich im Wortteil „hevi“ eine Form von „hevan“, was „heben“ bedeutet, „ana“ wiederum steht für die Großmutter oder Ahnin. Mit „heviana“ ist also eine betagte Frau gemeint, die das Baby aufhebt. Namensgeber war dafür wohl ein germanisches Ritual, bei dem die Hebamme das Neugeborene vom Boden aufhob und dem Vater präsentierte. Nahm dieser das Kind willig entgegen, so akzeptierte er es.

Aus der Geschichte meines Berufstandes gibt es aber noch vieles mehr zu berichten. Wahrscheinlich zum ersten Mal wurde der verantwortungsvollen Aufgabe der Hebammen bereits im dritten Jahrtausend vor Christus öffentlich Respekt gezollt – und zwar auf einem Tempelbild im alten Ägypten. Es zeigt, wie eine Geburtshelferin den Kindern des Sonnengottes Re ans Licht der Welt verhalf. Etwa zur gleichen Zeit sollen die Sumerer, die damals im Gebiet des heutigen Irak siedelten, sogar einer Göttin der Hebammen gehuldigt haben. Auch in der Antike war man sich über die wichtige Rolle der Hebammen bewusst, und ebenso haben sie im Alten Testament der Bibel ihren Platz gefunden.

Mündliche Überlieferung in der Historie des Hebammenberufes

Das erste „Hebammenlehrbuch“ datiert auf das Jahr 117 nach Christus. Wie damals in der Schreibkunst üblich, wurde es von einem Mann verfasst, Soranus von Ephesos. Der antike griechische Arzt hat u.a. ein umfassendes gynäkologisches Werk geschrieben, in dem auch Texte zur Geburtshilfe und zum Hebammenwesen sowie zur Embryologie und Säuglingspflege enthalten sind. Vermutlich hat der Autor hier überliefertes Hebammenwissen zusammengetragen und aufgezeichnet. Auf eigener Erfahrung und Anschauung konnte sein Wissen kaum beruhen, denn es sollte allen heilkundigen Männern noch über viele Jahrhunderte verboten bleiben, bei Untersuchungen weibliche intime Stellen anzusehen, zu berühren oder gar während einer Geburt anwesend zu sein. Den Kindsvätern dagegen fiel während der Geburt die wichtige Aufgabe zu, die Hebamme sowie die helfenden Frauen aus der Nachbarschaft mit allem Notwendigen wie Verpflegung, Wärme oder heißem Wasser zu versorgen. 

Dass sich der antike Autor und später auch andere das vorhandene Hebammenwissen erst mühselig zusammensuchen mussten, ist noch aus anderem Grund kein Wunder: Es existierten darüber nichts Schriftliches. Alle fundierten Kenntnisse u.a. über Wehen, Geburtsgeschehen, Abtreibung oder Verhütung wurden sehr lange von den älteren erfahrenen Hebammen nur mündlich an die jüngeren überliefert. Im Mittelalter konnte das für die derart „wissenden Frauen“ jedoch rasch zum Problem werden. Gerieten sie ins Visier der Kirche, so bestand durchaus die Gefahr, ein Opfer der Hexenverfolgung zu werden. Dennoch ist nicht belegt, dass der Anteil der Hebammen, die tatsächlich als Hexe verbrannt wurden, höher als der in anderen Frauengruppen war.

Die Hebammen mussten sich jedoch mit einem Eid zu christlichem Lebenswandel verpflichten. Dazu gehörte es, „magischen Fähigkeiten“ abzuschwören, was zur Konsequenz hatte: Sie durften Frauen keine abtreibenden Mittel mehr verabreichen. Außerdem mussten sie die Babys persönlich zur Taufe zu bringen, bei ledigen Müttern den Namen des Kindsvaters erforschen oder Neugeborene mit Behinderung als „Strafe Gottes“ melden. Es war ihnen jedoch erlaubt, Nottaufen vorzunehmen.

Der Stand der Hebammen wird geboren

Ab dem 15. Jahrhundert entstanden in Regensburg und Ulm die ersten Berufsordnungen für Hebammen und sorgten für eine einheitliche Ausbildung. Ihre Prüfung mussten die Frauen jedoch vor Männern ablegen, obwohl die aus erwähnten Gründen meist wenig Ahnung von der weiblichen Anatomie und dem Geburtsgeschehen hatten. Immerhin: Jetzt war der eigene Stand der sog. geschworenen Hebammen „geboren“.

Ab dem frühen 17. Jahrhundert professionalisierte sich die Geburtshilfe weiter. Es war die französische Hebamme Marie Louise Bourgeois, die mit einem Lehrbuch und ihrer wissenschaftlichen Dokumentation für Aufsehen sorgte und als diejenige gilt, die die Geburtshilfe in die Neuzeit führte. Allmählich begannen sich auch immer mehr Ärzte für die praktischen Geburtshilfe zu interessieren. Manche Hebammenschulen wurden sogar von Männern geleitet. Und es waren ebenfalls Männer, die in dieser Zeit die Geburtszange erfanden, mit der ein Baby bei Komplikationen im Geburtskanal am Kopf gefasst und herausgezogen wurde.

In Jena entstand 1779 mit dem „Accouchierhaus“ das zweite deutsche Entbindungshaus mit Hebammenschule, das an eine Universität angegliedert war. Hier wurde jetzt begonnen, überliefertes und tradiertes Hebammenwissen daraufhin zu untersuchen, inwieweit es wissenschaftlich begründet werden konnte.

Technische Hilfe ebnet Ärzten den Weg in die Frauendomäne Geburt

Mit dem Fortschreiten der Wissenschaft speziell in der Medizin im 18. und 19. Jahrhundert veränderte sich fortan die Geburtskultur: Langsam, aber stetig wurde sie technisiert. Dazu trugen auch die von Ärzten vermehrt eingesetzte Geburtszange sowie die an lebenden Gebärenden vorgenommenen Kaiserschnitte bei. Diese Entbindungsart kostete damals aber tatsächlich mehr Leben, als sie zu retten vermochte. Je tiefer die männlichen Mediziner in das Gebiet der Geburtshilfe eindrangen, umso streitiger machten sie den Hebammen ihr Tätigkeitsfeld. Zwar wussten die Chirurgen und Wundärzte das Hebammenwissen für sich zu nutzen – aber sie strebten dabei nach Autorität. Fortan beanspruchten sie die Leitung bei den Entbindungen und versuchten, die Hebammen zu Gehilfinnen zu degradieren.

Diese Entwicklung setzte sich im 20. Jahrhundert fort. In ihrem Gefolge kam ein neuer Trend auf, der sich in den 1950er Jahren durchsetzte: Geburten verlagerten sich zunehmend ins Krankenhaus und fanden immer seltener zu Hause statt. Ein Kind auf die Welt zu bringen, wurde zur riskanten Angelegenheit erklärt und damit noch stärker zum ärztlich technisierten Medizinvorgang. Von der Hebammensicht eines natürlichen physiologischen Vorgangs war nicht mehr viel übrig geblieben. Individuelle Wünsche oder Behandlung der werdenden Mütter unter der Entbindung gehörten in der Klinik nicht auf die Tagesordnung.

Auch anwesende Väter waren während der Klinikgeburt undenkbar. Das Rollenbild eines werdenden Vaters zeigte bis in die 1970er Jahre hinein einen nervösen Mann, der irgendwo räumlich getrennt von der Gebärenden auf- und abtigerte und dabei womöglich eine Zigarette nach der andern rauchte. Den ersten Blick auf sein Kind warf der frisch gebackene Papa dann regelmäßig durch eine Glasscheibe ins Säuglingszimmer der Klinik, wo eine Krankenschwester mit dem kleinen Bündel auf dem Arm stand. Erst nach einem beginnenden Bewusstseinswandel begleiteten dann ab den 1970er Jahren die ersten Väter ihre Frauen zur Geburt. 

Heute kommen etwa 98 Prozent aller Kinder in Deutschland in einem Krankenhaus zur Welt. Erfährt eine Gebärende dort eine kontinuierliche Eins-zu-Eins-Betreuung durch eine Hebamme, so kann sie sich glücklich schätzen. Gewährleistet ist das jedoch nicht, denn vielen Kliniken fehlt Personal sowohl im Bereich der stationären Hebammenhilfe als auch bei ärztlichen Fachkräften. Das Verhältnis beider Berufsstände ist aber mittlerweile geregelt – und zwar weitgehend auf Augenhöhe sowie von der schwangeren Frau aus gedacht.

Hebammen sind für die gesamte Zeit vom Kinderwunsch durch die Schwangerschaft und Geburt, lange über das Wochenbett hinaus, nämlich bis zum Ende der Säuglings-, bzw. Stillzeit für die Mamas und Babys da. Bei der Geburt muss immer eine Hebamme anwesend sein. Das gilt auch dann, wenn das Baby durch einen Kaiserschnitt zur Welt kommt.

Auch die Kostenübernahme ist für die Frauen geregelt. Im Fünften Buch des Sozialgesetzbuches heißt es unmissverständlich: Jede Frau hat „während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung sowie auf Hebammenhilfe einschließlich der Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und zur Schwangerenvorsorge.”

Das traditionelle Hebammenwissen war im Laufe der Zeit immer wieder bedroht. Es ist in all den Jahren nicht verloren gegangen. Hebammen stärken mit ihrem Wissen (werdende) Eltern. Ihr Wissen ist wertvoll für Familien, aber auch für die gesamte Gesellschaft.

Ach ja, und noch etwas hat sich gewandelt: Väter im Kreißsaal sind heute die Regel und längst nicht mehr die Ausnahme. Nur die Eins-zu-Eins-Betreuung der Gebärenden durch eine Hebamme – und das heißt, sie sollte ab der aktiven Eröffnungsphase ausschließlich für die eine Gebärende da sein. Das bedeutet nicht, dass die Hebamme während der ganzen Geburt für die Mama da sein soll und kann. Umso wichtiger ist es, dass heute Partner die Geburt aktiv begleiten dürfen und wollen. Deshalb ist es auch für Papas wichtig, sich gut mit dem Thema Geburt und den Bedürfnissen der Gebärenden und Säuglingen vertraut zu machen. Die Online-Kurse  von Hebamme Katharina sind hierfür besonders gut geeignet.

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme, zertifizierte Erste Hilfe Trainerin, zertifizierte Schlafcaochin für Babys und Kinder

Als Hebamme, Schlafcoachin für Babys und Kinder, sowie als Erste Hilfe Trainerin  unterstütze ich Frauen und Eltern dabei Schwangerschaft, Geburt und die Zeit als Eltern gut und entspannt zu gestalten. Ich bin selbst Mama von zwei bezaubernden Kindern.

Kinder sollen sicher und geborgen wachsen können. Dafür brauchen sie starke Eltern, die mit Wissen und Intuition die Entwicklung ihrer Kinder begleiten. Meine Hebammenhilfe soll Eltern das Wissen und Vertrauen geben, das sie ihren individuellen Weg finden und gehen können.

Dieser Blog elternundbaby.com ergänzt meine online Hebammensprechstunde und meine online Kurse von notdiensthebamme.de