Schwangerschaftsdiabetes (auch Gestationsdiabetes genannt) gehört zu den häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft. Dabei sind die betroffenen Frauen nicht an Diabetes vorerkrankt, sondern entwickeln diese erst während der Schwangerschaft. War das im Jahr 2002 noch bei 1,5 % der werdenden Mütter der Fall, so erkrankten daran im Jahr 2014 bereits 4,4 % der Schwangeren in Deutschland. Im Jahr 2020 waren schon 9,3 % der Schwangeren von Gestationsdiabetes betroffen – mit weiter steigender Tendenz. Und wir dürfen nicht vergessen: In diese Anzahl sind jene Frauen noch nicht eingerechnet, die bereits vor ihrer Schwangerschaft ein Diabetes mellitus aufwiesen. 

Als Gründe für die steigenden Fallzahlen des Schwangerschaftsdiabetes gelten das insgesamt höhere Alter der Schwangeren sowie ein großer Anteil (47 %) übergewichtiger Frauen. Beide Risikofaktoren begünstigen die Entstehung dieser Erkrankung. Hinzu tritt, dass sie seit 2012 auch deshalb häufiger festgestellt wird, weil die Krankenkassen seitdem die Kosten für den Glukosetoleranztest in der Schwangerschaft übernehmen. Schwangere, die einen Jungen im Bauch tragen, haben ein höheres Risiko einen Schwangerschaftsdiabetes zu entwickeln, als Frauen, die ein Mädchen erwarten.

Rechtzeitig diagnostiziert, ist ein Gestationsdiabetes jedoch gut behandelbar. Geschieht das, so verlaufen die meisten Schwangerschaften überwiegend unproblematisch. Und auch die meistens Babys von Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes kommen gesund auf die Welt. 

Doch diese Erkrankung hat auch etwas Tückisches an sich: Sie ist oft nicht leicht zu erkennen. Ein unerkannter Schwangerschaftsdiabetes kann jedoch gefährlich werden für Mutter und Kind. 

Entstehung einer Gestationsdiabetes

Eine schwangere Frau durchlebt viele hormonelle Veränderungen. Am Anfang sind sie beispielsweise nötig, damit sich die befruchtete Eizelle gut einnisten und entwickeln kann. Auch ab der 20. Woche erfolgt wieder eine vermehrte Hormonausschüttung. Sie steuert z.B., dass der mütterliche Körper nun mehr Energie für die Entwicklung und das Wachstum des Ungeborenen zur Verfügung stellt. 

Mehr Energie heißt in diesem Fall: mehr Zucker (Glukose) im Blut der Mutter. Das ist bei allen Schwangeren so. Dank des Botenstoffes Insulin, der in der Bauchspeicheldrüse produziert wird, kann die Glukose dann als Energielieferant von den mütterlichen Körperzellen aufgenommen werden. Dadurch sinkt der Blutzucker, und der Blutzuckerspiegel ist reguliert.

Andererseits sind ebenfalls hormonelle Veränderungen in der Schwangerschaft dafür verantwortlich, dass sich bei allen Schwangeren der Effekt des Insulins abschwächt. Kein Problem, sagt sich der mütterliche Körper jetzt normalerweise – dann produziere ich einfach mehr Insulin und gleiche das damit aus. Diese Reaktion erfolgt auch bei knapp 91 % der Schwangeren – bei gut 9 % ist dieser Vorgang jedoch gestört. Die Folge: Da es dem mütterlichen Körper an Insulin mangelt, wird zu wenig Glukose in die Körperzellen geschleust. Entsprechend erhöht sich der Blutzuckerspiegel. Übersteigt er dann dauerhaft bestimmte Werte, entwickelt sich ein Schwangerschaftsdiabetes. Zu viel Zucker im Blut bei der Schwangeren führt dann letztlich auch zu übermäßigem Zucker im Blut ihres ungeborenen Kindes.         

Die Auswirkungen

Meistens treten keine Symptome auf, die für eine Diabeteserkrankung typisch sind; oder sie macht sich lediglich in abgeschwächter Form bemerkbar. So hätten viele der betroffenen Frauen ihr Erkrankung ohne den sogenannten „Zuckertest“ zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche wohl gar nicht bemerkt. Mehr dazu später.

Bei einem Diabetes geben üblicherweise übermäßiger Durst, vermehrtes Wasserlassen oder starke Müdigkeit  Hinweise auf eine mögliche Erkrankung. Registrieren schwangere Frauen, dass sie sehr oft müde sind oder „schon wieder“ auf die Toilette müssen, so halten das viele nicht für ein Gestationsdiabetes, sondern für ganz normale Begleiterscheinungen ihrer Schwangerschaft. Das kann auch durchaus so sein, denn im weiblichen Körper ändert sich so vieles, wenn ein Kind unterwegs ist. Vor allem der Hormonhaushalt steht quasi Kopf, und auch der Stoffwechsel stellt sich um. 

Es kann aber eben auch sein, dass der Blutzuckerstoffwechsel der Schwangeren wie soeben beschrieben gestört ist. 

Unbehandelt birgt ein Gestationsdiabetes erhebliche Risiken sowohl für die Schwangere als auch für ihr Baby. Für die Mutter gehören dazu etwa Infektionen an Vagina und Harnwegen, hoher Blutdruck, Präeklampsie sowie Komplikationen bei der Geburt. Nach der Geburt pendelt sich der mütterliche Blutzuckerspiegel meistens rasch wieder auf Normalmaß ein. Zur Kontrolle werden dann noch einmal die Blutzuckerwerte kontrolliert. Jedoch bleibt der Mutter nun ein erhöhtes Risiko, in den kommenden Jahren ein Diabetes mellitus Typ 2 zu entwickeln. Dieses Risiko reduziert sich durch eine lange Stillzeit. 

Kinder von unbehandelten Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes kommen oft mit einem auffällig hohen Geburtsgeweicht von mehr als 4.000 Gramm zur Welt. Es kann auch zu Atemstörung beim Neugeborenen kommen und es besteht das Risiko, dass das Baby nach der Geburt einen zu niedrigen Blutzuckerspiegel hat. Das liegt daran, dass der Fötus eine hohe Insulinproduktion hat, um den erhöhten mütterlichen Blutzuckerspiegel auszugleichen. Nach der Geburt wird diese erhöhte Aktivität nicht rasch genug reguliert. Ohne Behandlung der erkrankten Mutter steigt außerdem das Risiko für eine Früh- oder gar Totgeburt, wenn die Organe des Fötus nicht zeitgerecht reifen. Und auch das Kind hat ein erhöhtes Risiko, später einmal an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken. 

Der „Zuckertest“ in der Schwangerschaft

Meistens tritt Gestationsdiabetes ab der 20. Woche in der zweiten Schwangerschaftshälfte auf. Deshalb hat jede Schwangere laut den Mutterschaftsrichtlinien im Rahmen der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen einen Anspruch auf das Schwangerschaftsdiabetes-Screening zwischen der 25. und 28. Schwangerschaftswoche. 

Dieser orale Glukosetoleranztest verläuft in zwei Stufen und ist für dein Baby völlig risikofrei. Zunächst bekommst du als Vortest in deiner Frauenarztpraxis oder bei deiner Hebamme Wasser zu trinken, in dem 50 Gramm Glukose aufgelöst sind. Nach einer Stunde wird dein Blutzucker gemessen. Sollte der Wert auffällig sein (135 mg/dl bzw. 7,5 mmol/l oder höher), folgt der Diagnosetest. Dafür darfst du acht Stunden vorher nichts gegessen haben, musst also mit nüchternem Magen zum Test erscheinen. Zunächst wird nun dein Blutzuckerwert bestimmt. Danach musst du eine Zuckerlösung mit 75 Gramm Glukose trinken. Anschließend wird im Abstand von zunächst einer und dann zwei Stunden noch einmal dein Blutzuckerwert gemessen. Anhand dieser drei Werte kann deine Ärztin/dein Arzt bzw. deine Hebamme feststellen, ob bei dir ein Gestationsdiabetes vorliegt. Das ist der Fall, wenn beim Diagnosetest einer dieser folgenden Werte erreicht oder überschritten wird: 

  • im nüchternen Zustand 92mg/dl bzw. 5,1 mmol/l, 
  • nach einer Stunde 180mg/dl bzw. 10,0 mmol/l 
  • und nach zwei Stunden 153mg/dl bzw. 8,5 mmol/l. 

Muss ich mich sorgen?

Bei einem Diabetes, der in der Schwangerschaft entsteht, handelt es sich wie beschrieben um eine vorrübergehende Stoffwechselstörung. In der Regel muss sie auch nicht medikamentös behandelt werden. Bei etwa 80 % der diagnostizierten Schwangeren reicht es aus, wenn sie ihre Ernährung entsprechend anpassen und sich außerdem ausreichend bewegen.

Die Art der Ernährungsumstellung kannst du als betroffene Schwangere nach ärztlichem Rat vornehmen. Möglicherweise wirst du aber auch zu einer diabetologischen Beratung überwiesen. Das gilt insbesondere für übergewichtige werdende Mütter. Diese sollten auf keinen Fall auf eigene Faust während der Schwangerschaft eine strenge Diät machen, weil das dem Kind schaden kann.

Allgemein wird Schwangeren mit Gestationsdiabetes empfohlen, drei nicht zu üppige Hauptmahlzeiten sowie einige kleine Zwischenmahlzeiten einzunehmen. Außerdem sollten sie die Aufnahme von Kohlenhydraten reduzieren. Das heißt z.B., nicht mehr so viel Brot, Nudeln und Reis sowie Kartoffeln zu essen sowie möglichst auf „Leckerli“ wie Süßigkeiten, Honig, Marmelade oder Fruchtsäfte zu verzichten. Solche Kohlenhydrat-Bomben erhöhen nämlich den Blutzuckerspiegel. Obst im Übermaß kann das übrigens auch bewirken. 

Um den Blutzuckerspiegel weiter zu senken, ist auch regelmäßige Bewegung wichtig. Mindestens sollten das dreimal in der Woche 30 Minuten sein. Sprich doch mit deiner Hebamme oder deiner Ärztin/deinem Arzt darüber, welche Art von Bewegung für dich sinnvoll ist – z.B. Gymnastik, Walken oder Schwimmen? Zusätzlich kannst du kleine Besorgungen auch zu Fuß erledigen. Jedes Stückchen Bewegung mehr verhilft dir zu besserer Gesundheit. 

Mit angepasster Ernährung und intensiver Bewegung bleibt der Blutzuckerspiegel in vielen Fällen nicht ständig so erhöht, dass eine medikamentöse Behandlung erfolgen muss. Sie würde bedeuten, dass sich eine betroffene Schwangere Insulin spritzen muss. In einigen Fällen ist das erforderlich, denn Diabetesmedikamente in Tablettenform sind für Schwangere nicht zugelassen. 

Übrigens: Ob die veränderte Ernährung und Bewegung helfen, können betroffene Schwangere auch selbst feststellen. Dafür messen sie über einige Wochen täglich mehrmals ihren Blutzuckerspiegel, notieren die Werte und bringen sie zum nächsten Besuch in der Arztpraxis mit. Dann wird besprochen, wie es weitergehen kann. 

Die Risikofaktoren

Vorbeugend ist eine gesunde Ernährung mit viel Vitaminen vor allem aus Gemüse und Ballaststoffen und in Kombination mit ausreichender Bewegung das Beste, was du für dich und dein Baby tun kannst. 

Es gibt jedoch einige Risikofaktoren, die die Entstehung einer Schwangerschaftsdiabetes begünstigen. Wie bereits erwähnt, gehören dazu (starkes) Übergewicht der Frau und ein Alter von 35+ dazu. Aber auch Gestationsdiabetes während einer vorausgegangenen Schwangerschaft sowie Fälle von Diabetes mellitus Typ 2 bei Eltern bzw. Geschwistern erhöhen das Risiko einer Erkrankung. Gleiches gilt für bestimmte Vorerkrankungen der Frau wie etwa Bluthochdruck, wiederholte Fehlgeburten sowie Tabak-Abhängigkeit. Aber auch „nur“ eine langfristig ungesunde Ernährung mit viel Kohlenhydraten (bestehend aus Zucker und vielen Weißmehlprodukten) stellt schon ein gesundheitliches Risiko dar. 

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme

Als Geburtshausleiterin, Hebamme und Mutter unterstütze ich Frauen dabei ihre Herausforderung während, vor und nach der Schwangerschaft besser zu bewältigen.

Um noch mehr Frauen zu erreichen, startete ich elternundbaby.com. Ich freue mich darauf, dich hier begrüßen zu dürfen.