Vor einiger Zeit – noch vor der Pandemie – nahm eine gute Freundin von mir mit Mann, Baby (10 Monate) und dreijähriger Tochter eine viermonatige Auszeit in Australien. Die Reaktionen ihres Umfelds darauf reichten von bewunderndem „Was ihr euch alles traut!“ bis zum vorwurfsvollen „Was ihr den armen Kindern zumutet!“.

Der Gedanke an das Reisen mit Kind oder gar Baby, ist für viele Eltern oft noch mit Unsicherheit und Sorge behaftet. „Jetzt ist wohl erstmal nur noch Urlaub an der Ostsee drin,“ hörte ich kürzlich die Mutter eines drei Monate alten Wonneproppens sagen. Das klingt so negativ, dabei ist doch keine Frage: Familien mit kleinen Kindern können an den deutschen Küstenregionen wunderbar Urlaub machen. Doch der Nachwuchs überrascht seine Eltern auch immer wieder damit, wie anpassungsfähig und flexibel er unterwegs sein kann, wenn die Eltern als sicherer Hafen an seiner Seite sind und die kindlichen Bedürfnisse berücksichtigt werden.

Übrigens: Die Familie meiner Freundin kam ziemlich happy aus Australien wieder zurück. Das „arme Baby“ hatte unterwegs laufen gelernt und die große Schwester englische Kinderlieder. Beide haben die üppige Zeit mit Mama und Papa sehr genossen. Die Eltern kennen jetzt „gefühlt“ jeden Spielplatz zwischen Sydney und Brisbane und sind ebenfalls erfüllt von außergewöhnlich schönen Erinnerungen.

Nun muss es freilich nicht für jede Familie gleich bis ans andere Ende der Welt gehen. Einige grundsätzliche Überlegungen zur Reiseplanung gelten jedoch für jedes mögliche Reiseziel. 

Welches Alter eignet sich für das Reisen mit Kind ?

Sich sein Neugeborenes zu schnappen und gleich nach dem Wochenbett  schon die Koffer zu packen, ist sicher keine so gute Idee. Ansonsten kann man kaum allgemeingültige Aussagen dazu treffen, was der optimale Zeitpunkt für die erste Reise mit dem neuen Familienmitglied ist. Die Erfahrung zeigt, dass folgender Anhaltspunkt eine gute Orientierung bietet: Wenn sich euer neuer Familienalltag und -rhythmus eingespielt hat und ihr euch bereit fühlt, könnt ihr starten. Viele Mamas auf Reisen empfinden es als sehr praktisch, wenn sie noch stillen. So muss man sich unterwegs kaum Gedanken über die gesunde Ernährung des Babys machen. Die gute Muttermilch ist immer hygienisch „verpackt“, optimal temperiert und jederzeit sofort verfügbar. 

Unabhängig davon, welchen Zeitpunkt zum Reisen mit Kind du als passend empfindest: Es ist wichtig, dein Kind als gleichwertigen Reisepartner zu sehen und ernst zu nehmen. Und zwar ganz egal, wie alt es ist. Wenn du die kindlichen Bedürfnisse angemessen berücksichtigst, können sich auch die Jüngsten am Urlaubsort gut eingewöhnen und wohl fühlen. Dazu gehören beispielsweise gewohnte Schlafenszeiten, genug Raum zum Spielen sowie die vertrauten Rituale, die nach Möglichkeit in die Urlaubsgestaltung eingebettet werden sollten. Letztlich profitiert ja auch die ganze Familie von einem entspannten Baby auf Reisen. Stress wäre allerdings bereits vorprogrammiert, wenn Erwachsene „ihr“ Urlaubsprogramm durchziehen wollen und ihre Kinder nur als Anhängsel mitschleppen.

Welche Ziele eigenen sich für das Reisen mit Kind oder Baby?

Als Urlaubsziele scheiden Gegenden aus, für die ihr eine Malariaprophylaxe o. ä. benötigt. Auch Staaten, in denen die allgemeine Sicherheitslage zweifelhaft ist, eignen sich auch nicht für Familienurlaube. Von deiner Liste möglicher Ziele solltest du ebenfalls Länder bzw. Jahreszeiten streichen, in denen es extrem heiß oder kalt ist. Babys und Kleinkinder sind noch viel temperaturempfindlicher als ältere Kinder. Dabei solltest du bedenken, dass auch im Süden von Europa im Hochsommer extrem warme Temperaturen von bis zu 40 Grad herrschen können.

Informiere dich auch, wie es um die die allgemeine Hygiene und medizinische Versorgung vor Ort bestellt ist. Das heißt z. B.: Ist das Leitungswasser als Trinkwasser geeignet oder verwendet man besser gekauftes Flaschenwasser etwa für die Zubereitung von Babynahrung oder zum Zähneputzen? Wie schnell ist ärztlich Hilfe – auch für das Kind – erreichbar? Außerdem ist die Frage zu klären, wie ihr die Mahlzeiten für euer Kind organisiert, falls du nicht mehr voll stillst. Müsstest du Milchpulver, Gläschen u. ä. mitnehmen oder könnt ihr Babynahrung vor Ort erwerben? Hierfür spielt auch die geplante Dauer eures Urlaubs eine Rolle.

Ich rate euch außerdem, die Verhältnismäßigkeit von Anreise- und Urlaubsdauer im Auge zu behalten. Für wenige Tage Tapetenwechsel lohnt sich kein stundenlanger Flug inklusive Zeitverschiebung oder eine mehrtägige Autofahrt. Sowas absolviert ihr besser ohne Nachwuchs.

Und beachte ebenso: Sobald du Deutschland verlässt, benötigt dein Baby bereits einen eigenen Reisepass. Dafür kannst du einen Kinderreisepass oder einen biometrischen Reisepass ausstellen lassen.

Entscheidend ist natürlich auch die Frage der Unterkunftsart, die einen Urlaubsverlauf wesentlich mitbestimmt. Familien, die z.B. mit einem Wohnmobil unterwegs sind, wissen, wo sie unterkommen: Jeden Tag im gleichen Bett sowie meist auf einem Campingplatz, auch wenn am nächsten Tag ein neuer aufgesucht wird. Andere Familien schwören auf eine Ferienwohnung, weil sie dort am besten ihren eigenen Rhythmus finden und sich ungestört auf das Kind bzw. die Kinder einstellen können. Allerdings: Wer nicht auswärtig essen gehen möchte, muss hier alle Mahlzeiten selbst herrichten und dafür auch einkaufen gehen. Wieder andere möchten sich in einem Familienhotel verwöhnen lassen. Hier muss jede Familie für sich vorab herausfinden, welche Unterkunftsart zu ihr am besten passt.

Wie reisen wir an?

Wird bereits die Anreise möglichst entspannt gestaltet, ist das für alle ein guter Start in den Familienurlaub. Manchmal fällt jedoch die Tagesform der Jüngsten einfach gerade nicht so aus, wie man sie sich für die Anreise gewünscht hätte. Dann muss man da leider einfach durch. Das gilt für einen selbst wie für andere Mitreisende, doch jede Auto- bzw. Bahnfahrt und auch jeder Flug hat auch mal ein Ende…

Mit dem Auto:

Der eigene Pkw ist für viele Familien oft die unkomplizierteste Lösung. Außerdemfinden die vielen Klein- und Einzelteile, die sich bei Reisen mit Kindern gerne zusätzlich zum allgemeinen Gepäck gesellen, noch ein Eckchen im Wagen. Plane ausreichend Zeit für die Fahrt ein, dazu gehören auch genug Pausen. Mindestens alle zwei Stunden braucht Babys Rücken eine Auszeit von der Babyschale bzw. vom Kindersitz. Sorge in den Pausen für dich/euch und das Kind für viel Bewegung. Noch mehr zum Autofahren mit Babys kann du auf meinem Blog hier(Link) lesen.

Mit der Bahn:

Auf den Schienen bremst euch kein Stau aus, und niemand muss sich auf den Straßenverkehr konzentrieren. Der Zug ist außerdem ein sehr sicheres Verkehrsmittel. Allerdings sollten Koffer und Co. gut gepackt sein, schließlich möchte man ja nicht mit einem Haufen einzelner Zusatzbeutel und -taschen fahren, die leicht irgendwo vergessen werden.

Für stressfreie Zugfahrten bucht euch besser im Vorfeld Sitzplätze. Wenn ihr einen ICE nutzt, gibt es die Möglichkeit, ein sogenanntes Kleinkindabteil zu reservieren für Reisen mit Kindern bis zu fünf Jahren. Hier sind Familien unter sich, und kein Mitreisenden werfen euch genervte Blicke zu, bloß weil die Kleinen mal etwas lauter werden. Du hast Ruhe zum Stillen, der Kinderwagen hat seine Ecke, und Platz zum Spielen gibt es auch noch. Dieser Service wird auch in den meisten IC- und EC-Zügen angeboten. 

Mit dem Flugzeug:

Fürs Gepäck gelten die Vorgaben der Airlines. Den Buggy oder Kinderwagen kannst du zusammengeklappt als Sperrgepäck aufgeben. Ist dein Kind noch unter zwei Jahren alt, kann es auf deinem Schoß mitfliegen. Dabei wird es mit einem separaten Gurt (sog. Loop Belt) an den Beckengurt von Mutter oder Vater fixiert. Dieses System fürs Kind kritisieren Experten jedoch schon länger als nicht ausreichend sicher und im Extremfall sogar als lebensgefährlich für die Kleinen. Alternativ kannst du einen eigenen Sitzplatz fürs Kleine buchen, auf dem es im selbst mitgebrachten Kindersitz oder einer Babyschale reist. Sitz bzw. Schale müssen jedoch vom TÜV als „For use in aircraft“ (Zur Benutzung im Flugzeug) zertifiziert sein. Du kannst auch bei deiner Fluggesellschaft nach einem Babybettchen fragen, dass dann an der Wand vor der ersten Reihe befestigt wird. Das ist jedoch nur „für zwischendurch“ gedacht.

Ab dem zweiten Geburtstag musst du für dein Kind einen eigenen Sitzplatz im Flugzeug buchen. Dieser ist dann mit dem gleichen Beckengurt ausgestattet wie alle anderen Plätze auch. Für kleine Fluggäste ab 10 Kilo kannst du jedoch im Handel ein eigenes Gurtsystem erwerben, das Kinder auf ihrem Platz mit zwei Schultergurten im Flieger gesondert sichert.

Dein Baby bzw. Kleinkind kann noch nicht selbst für Druckausgleich in den Ohren sorgen. Bei Start bzw. Landung kannst du ihm deshalb etwas zu trinken geben oder es stillen. Die Schluckbewegungen helfen, den Druck auf den Ohren zu lindern. Hierfür hilft auch ein Schnuller.

Endlich angekommen!

Habt ihr euer Urlaubsziel erreicht, lasst es lieber ruhig angehen, damit sich alle auf die neue Umgebung einstellen können. Ein Urlaub mit Kindern verläuft einfach anders als ohne Nachwuchs. Sich als Erwachsene darauf einzulassen, bietet aber auch die Gelegenheit für wunderbare gemeinsame Reiseerlebnisse und Erfahrungen.

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme

Als Geburtshausleiterin, Hebamme und Mutter unterstütze ich Frauen dabei ihre Herausforderung während, vor und nach der Schwangerschaft besser zu bewältigen.

Um noch mehr Frauen zu erreichen, startete ich elternundbaby.com. Ich freue mich darauf, dich hier begrüßen zu dürfen.