Ach herrje – schwanger und schon wieder diese Heißhunger-Attacke auf Marmeladenbrot mit saurer Gurke! Vielleicht erwartest auch du gerade ein Kind und kennst diesen plötzlichen unbändigen Appetit auf ein bestimmtes Gericht oder Nahrungsmittel? Dann gehörst du zu den rund 90 %, die zu diesem „Club der seltsamen Gelüste in der Schwangerschaft “ gehören. 

Solche Heißhunger-Attacken treten meistens im ersten und zweiten Trimester auf, können aber auch bis zur Geburt anhalten. Die klischeehafte Vorstellung darüber sind natürlich die berühmten sauren Gurken auf dem Marmeladenbrot. Es geht also oft um ungewöhnliche Kombinationen von Nahrungsmitteln, die man im Normalfall so wohl eher nicht verspeisen würde. 

Viele Schwangere lieben auch ganz plötzlich Lebensmittel, die sie vor ihrer Schwangerschaft gar nicht mochten. Oder umgekehrt ist ihnen die Lust auf vorige Lieblingsspeisen irgendwie abhandengekommen. Selbst manche Vegetarierin wünscht sich in der Schwangerschaft plötzlich ein ordentliches Stück Fleisch auf dem Teller. Du meine Güte, ist dieser Heißhunger auf andere oder ungewöhnliche Nahrungsmittel denn noch normal? Aber ja! 

Ich kann euch auch davon berichten, welch speziellen kulinarischen Gelüste in der Schwangerschaft viele von mir betreute Frauen überfallen haben: zum Beispiel Käsekuchen (aber nur den gebackenen), frische Birnen (bitte ausschließlich Williams Christ), Pommes (am liebsten „very british“ mit viel Essig drüber), Burger (unbedingt mit doppelt Käse), eingelegte Silberzwiebeln (direkt aus dem Glas gefischt), Schokolade (tafelweise nur die mit ganzen Nüssen) oder grünes Thai-Curry (je schärfer, desto besser). Als ich schwanger war, liebte ich den roten Rettich in Scheiben geschnitten, den ich mir dann mit reichlich Akazienhonig bestrichen habe. Diese Aufzählung könnte ich beliebig fortsetzen. Sie zeigt, dass die Lust auf bestimmte Lebensmittel zwar sehr individuell ist, aber durchaus wiederkehrende Lebensmittelgruppen wie Süßes, Saures, Fast Food u. a. erkennen lässt. Mehr dazu gleich.

Erst möchte ich an dieser Stelle noch darauf hinweisen: Es kursiert immer noch das Ammenmärchen, dass großer Appetit auf Süßes in der Schwangerschaft auf die Geburt eines Mädchens hindeute, während es nach besonderer Lust auf Herzhaftes ein Junge werde. Das ist und bleibt jedoch Aberglauben . Etwaige Heißhunger-Attacken sagen nichts über das Geschlecht des Ungeborenen aus. Möglicherweise bedeuten sie jedoch etwas anderes …

Mögliche Gründe für den Heißhunger und Gelüste in der Schwangerschaft

Auch die Forschung hat sich mit der Suche nach Gründen für bestimmte Gelüste in der Schwangerschaft beschäftigt. Letztlich kamen die Wissenschaftler*innen zu keinem hieb- und stichfesten Ergebnis, aber doch zu zwei wesentlichen Vermutungen:

Kommt Heißhunger in der Schwangerschaft von den Hormonen? Die Hormone in der Schwangerschaft verändern sich stark. Dabei wird am Anfang das Gleichgewicht der Hormone mächtig durcheinander gewirbelt. Nach der Befruchtung steigt z.B. der Beta hCG-Spiegel sprunghaft an. Aber nicht nur dieses Schwangerschaftshormon wirkt sich auch auf den Geruchs- und Geschmacksinn aus, der sich unter hormonellem Einfluss verändern kann. Denn die Hormone der Schwangerschaft beeinflussen auch jenen Teil des Gehirns, der für den Appetit verantwortlich ist. So könnten veränderte Gelüste in der Schwangerschaft erklärt werden. 

Liegt der Heißhunger der Schwangerschaft an fehlenden Nährstoffen? Eine Theorie geht davon aus, dass der Körper mit besonderem Hunger auf bestimmte Lebensmittel anzeigt, welche Nähstoffe ihm möglicherweise gerade fehlen. So könnte dem Körper beispielsweise Natrium fehlen bei großem Hunger auf Salziges wie Chips, Lakritze, Salzstangen & Co. Während der Schwangerschaft steigt nämlich auch der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen. Dabei ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung besonders wichtig, um den Körper insbesondere während der Schwangerschaft mit allen benötigten Nährstoffen zu versorgen. 

Nebenbei: Es wurde auch wissenschaftlich untersucht, ob Schwangere tatsächlich mehr der vielzitierten sauren Gurken verzehren. Das Ergebnis lautet: Nein – werdende Mütter essen nicht mehr eingelegte saure Gurken als Frauen, die nicht schwanger sind. Zumindest hierüber herrscht nun Klarheit. 

Liegt es vielleicht im „Psychologischen“? Darüber hinaus wird die Vermutung diskutiert, dass dem Heißhunger auch ein psychologisches Motiv zugrunde liegen könnte. Bei dieser These wird davon ausgegangen, dass Frauen ihre Schwangerschaft möglicherweise als Alibi nutzen, um sich jetzt Nahrungs- und Genussmittel zu erlauben, die sie sich sonst aus „Figurgründen“ (oder anderen Motiven) versagen. Da sie während der Schwangerschaft jedoch ohnehin Rundungen besitzen, „dürfen“ sie dann auch mal ohne Rücksicht auf vermeintliche Schönheitsideale weniger streng mit sich sein. Möglich, dass auch diese Annahme auf einige Schwangere zutrifft. Bewiesen ist das aber nicht.

Was soll man in der Schwangerschaft essen?

Wenn ihr euch grundsätzlich gesund und ausgewogen in der Schwangerschaft ernährt, dürft ihr euren persönlichen Gelüsten ruhig nachgeben und euch zwischendurch auch mal „Ungesundes“ gönnen. Ein paar Chips und Salzstangen haben in Maßen noch keiner Schwangeren geschadet. Viele haben jetzt außerdem nicht nur Lust auf Fettes, Süßes oder Salziges, sondern sehr oft auch auf viel gesundes Obst und Gemüse. Dabei liefern Äpfel, Radieschen, Erdbeeren oder Brokkoli einen ganzen Sack voller gesunder Vitamine und anderer wertvoller Nährstoffe. Vielleicht verlangt der Körper ja jetzt gerade genau danach?! Diesem Verlangen könnt ihr also guten Gewissens ungebremst nachgeben. Achtet jedoch bei fertig gekauften Smoothies auf den Zuckergehalt – manche enthalten nämlich viel Zucker, obwohl sie als „gesund“ angepriesen werden. Lasst solche Angebote lieber stehen, oder mixt euch gleich selbst eine Vitaminbombe. Auch bei großem Appetit auf Milchprodukte könnt ihr kaum etwas falsch machen. Die in Milch, Quark & Co. enthaltenen Proteine sowie das Kalzium sind auch wichtig für die Entwicklung des Babys. Vielleicht benötigt euer Körper diese in Milch enthaltenen Inhaltsstoffe jetzt gerade besonders. Auch hier solltet ihr jedoch stark gezuckerten Produkten (z. B. fertigen Fruchtjoghurt) mit Augenmaß begegnen. 

Bei großer Lust auf Saures produziert der Körper der Schwangeren möglicherweise nicht ausreichend benötigte Magensäure. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur am veränderten Geschmacksempfinden. Die Geschmacksknospen könnten auch der Grund für nun bevorzugt scharfes Essen sein. Vielleicht fehlt dem Körper jedoch auch Zink. Ich erinnere mich an eine werdende Mutter, die auf ihrem Teller quasi jedes Gericht mit extra Chillisauce nachwürzte. Nach den scharfen Gaumenfreuden brach ihr regelmäßig der Schweiß aus – und ihr Körper kühlte als Reaktion seine Temperatur herunter. Auch dieser Effekt mag für manche Schwangere angenehm sein. Bedenkt jedoch: Scharfes Essen kurbelt auch die Produktion von Magensaft an, was wiederum zu Sodbrennen führen kann. Deinem ungeborenen Kind wiederum macht scharfes Essen übrigens nichts aus – es könnte jedoch seine späteren Vorlieben für „hot food“ entsprechend beeinflussen.

Und letztens, da musste ich wirklich lachen. Da sagte mir eine Schwangere in ihrer unendlichen Weisheit: „Ach weißt du, Schokolade fragt nicht – Schokolade versteht.“ Na klar, das emotionale Gleichgewicht von Schwangeren ist fragil, und bei Schokoladengenuss schüttet der Körper Glückshormone aus (nicht nur bei Schwangeren). Das könnte ein Grund für den Appetit auf Schokolade bzw. Süßes sein. Möglicherweise liegt aber auch ein Magnesiummangel vor, den der magnesiumreiche Kakao kompensieren soll. Dafür kannst du jedoch auch gesunde Magnesiumquellen wie z. B. grünes Gemüse oder Hülsenfrüchte nutzen. Süßigkeiten lassen zwar auch den Blutzuckerspiegel, der durch die erhöhte Insulinproduktion während der Schwangerschaft eher niedrig bzw. schwankend ist, rasch ansteigen. Übermäßiger Konsum von derartigem Naschwerk begünstigt aber die Entstehung einer Schwangerschaftsdiabetes. So könnte auch extremer Heißhunger auf Süßes ein Anzeichen dafür sein. Dann sprich am besten mit deiner Hebamme oder Frauenärztin bzw. deinem Frauenarzt darüber. 

Nicht nur Süßigkeiten liefern schnellen Energieschub, sondern auch Fast Food Produkte wie Pizza, Pommes, Döner oder Currywurst. Und bekanntlich benötigt der Körper während der Schwangerschaft – in Maßen – zusätzliche Energie. So könnte das ein Grund für diese Vorlieben sein. Auch der veränderte Geschmackssinn springt womöglich besonders auf solche fettreichen Speisen an, schließlich ist Fett ja bekanntlich ein Geschmacksträger. Aber Vorsicht mit solchen „Köstlichkeiten“ – gesund sind sie wahrlich nicht. Übrigens: Mehrere kleine Mahlzeiten, über den Tag verteilt, beugen solchen Heißhungerattacken vor. 

Bei richtig Lust auf „ordentlich“ Fleisch macht sich möglicherweise ein Nährstoff-Defizit bemerkbar. Schließlich liefern Geflügel, Schweine- oder Rindfleisch viele B-Vitamine sowie Mineralstoffe wie Zink und Eisen. Solltest du dich vegetarisch ernähren und auch während der Schwangerschaft keine Ausnahmen machen wollen, so ist es wichtig, auf entsprechend andere Nährstoffquellen zu achten. 

Wer der Lust auf Eis nachgibt, sorgt für vorübergehende Abkühlung im Körper. Das gilt für Speiseeis und Eiswürfel gleichermaßen. Die Forschung diskutiert, ob das Verlangen, Eiswürfel zu lutschen oder zu kauen, eventuell auch im Zusammenhang mit einer Blutarmut (Anämie) steht. Auch hier gilt: Sprich im Zweifelsfall deine Ärztin/deinen Arzt darauf an. 

Last but not least spielen für viele Schwangere bestimmte Gerichte eine große Rolle, die sie mit eigenen Kindheitserinnerungen verknüpfen. Das kann Omas Kartoffelsuppe sein, Mutters Milchreis mit zerlassener Butter oder das Gulasch von Tante Gerda. Solches Soul Food zum Wohlfühlen soll dann Geborgenheit schenken, wenn man sich danach sehnt. Hier sind es also rein emotionale Gründe, die den Appetit auf bestimmte Speisen schüren. 

Gefährliche Gelüste

Beim sogenannten Pica-Syndrom entwickeln Menschen das merkwürdige Verlangen, nicht-essbare Dinge zu verspeisen, beispielsweise Sand, Papier, Erde, Kreide oder Waschpulver. Diese seltene Essstörung kann jeden treffen, also nicht nur Schwangere. Aber für diejenigen ist es besonders wichtig, über solche Gelüste unverzüglich mit der Ärztin/dem Arzt zu sprechen. Warum? Weil die Mutter und das Ungeborene in akuter Gesundheitsgefahr schweben, falls die Frau diesem Verlangen nachgibt. Das Pica-Syndrom wird auch in Zusammenhang mit dem Mangel bestimmter Nährstoffe gebracht. Eine genaue Ursache konnte dafür jedoch bisher noch nicht gefunden werden.  

Autorenbox

Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme, zertifizierte Erste Hilfe Trainerin, zertifizierte Schlafcaochin für Babys und Kinder

Als Hebamme, Schlafcoachin für Babys und Kinder, sowie als Erste Hilfe Trainerin  unterstütze ich Frauen und Eltern dabei Schwangerschaft, Geburt und die Zeit als Eltern gut und entspannt zu gestalten. Ich bin selbst Mama von zwei bezaubernden Kindern.

Kinder sollen sicher und geborgen wachsen können. Dafür brauchen sie starke Eltern, die mit Wissen und Intuition die Entwicklung ihrer Kinder begleiten. Meine Hebammenhilfe soll Eltern das Wissen und Vertrauen geben, das sie ihren individuellen Weg finden und gehen können.

Dieser Blog elternundbaby.com ergänzt meine online Hebammensprechstunde und meine online Kurse von notdiensthebamme.de