Seit Urzeiten versucht der Mensch, sich scheinbar Unerklärliches irgendwie zu erklären. Das machte auch nicht halt vor Themen rund um das „Kinderkriegen“. Mythen und Ammenmärchen beeinflussten und verunsicherten Mamas schon in früheren Generationen. Manches hat sich bis heute gehalten.
Schon in prähistorischen Zeiten dürfte es reichlich Aberglauben gegeben haben – auch wenn das Thema Mutterschaft in der Urgeschichte bisher schlecht erforscht und eher ein Stiefkind der Archäologie ist. Sicher ist, dass viele Mythen bereits in der Antike rankten sowie im Mittelalter den Lebensalltag der weiblichen Bevölkerung durchdrangen.
Je weniger Wissen, desto bunter der Aberglauben
Je weniger naturwissenschaftliche und biologische Zusammenhänge zu Schwangerschaft, Geburt und Säuglingszeit erforscht und bekannt waren, desto bunter blühte der Aberglauben. Man griff angesichts einer hohen Mütter- und Säuglingssterblichkeit sogar zu allerlei Ritualen und Bräuchen, die bei Mutter und Kind für mehr Glück und Gesundheit sorgen sollten. Manche mittelalterlichen Vorstellungen verraten sich noch heute in Bemerkungen und „Ratschläge“.
Dazu ist zunächst zu sagen: Solange Frauen ihre Kraft für die Schwangerschaft und Geburt aus Überzeugungen ziehen, die Mutter und Kind nicht schaden, ist nichts dagegen einzuwenden. Schwierig wird es hingegen, wenn ein Aberglauben zu falschem bzw. schädlichem Verhalten führt – oder wenn er wegen der zahlreich angedrohten Folgen in verbreiteten Mythen die (werdenden) Mütter ängstigt, einschüchtert oder verunsichert. Das war früher nicht gut für die Frauen. Das ist heute schlecht. Umso mehr, als dass wir heute mehr Wissen über den weiblichen Körper und die Vorgänge rund um die Geburt.
In manchen „Weisheiten“ steckt ein wahrer Kern
Allerdings beruhen einige alte „Volksweisheiten“ auch auf durchaus „richtigen Beobachtungen, die mit der Zeit vergessen wurden und so nach Verlust des Inhaltes zur leeren Formel werden“, schrieb die Hebamme Frieda Zaugg schon 1938 in der Zeitschrift „Schweizer Hebamme“. Das veranschaulichte sie mit dem Beispiel, dass eine Schwangere nach alter Überlieferung nicht am Spinnrad arbeiten soll, sonst spinne sie dem Kinde einen Strick. Die angedeutete Folge war natürlich schrecklich, nicht aber das „Spinnverbot“ selbst, führte Zaugg dazu aus. Denn das permanente Treten des Spinnrades war der Schwangerschaft tatsächlich nicht zuträglich. Ähnliches gilt für das mittelalterliche Tanzverbot für Schwangere, das sich teilweise bis ins 21. Jahrhundert hielt und bei Zuwiderhandlung mit allerlei schlimmen Folgen belegt war. Immerhin: Walzer, Polka und andere wilde „Drehtänze“ wirbelten das im Fruchtwasser schwimmende Ungeborene im Mutterleib gleich mit herum – und auch beim Stopp der mütterlichen Bewegung drehte es sich weiter, was tatsächlich zu Verwicklungen der Nabelschnur führen konnte. Heute wissen wir, allzu wilde Tänze sind tatsächlich nicht gesund für die Schwangere. Das liegt aber nicht daran, dass sich das Baby die Nabelschnur um den Hals schlingen könnte, sondern die allzu wilde Bewegungen mit abrupten Stopps für Sehnen, Gelenke und Muskeln, aber auch für den Kreislauf der Schwangeren eine zu große Belastung darstellen.
Auch andere Sitten, Verbote oder Gebote rund ums Kinderkriegen dienten ursprünglich oft sinnvollen Zwecken, die sich allerdings hinter schönen Versprechen verbergen konnten. Denken wir nur an den Taler, der ab dem 16. Jahrhundert auf deutschem Gebiet wanderte. Dieses Geldstück brachte die Sitte hervor, es für die Hebamme ins erste Badewasser des Kindes zu legen, in dem sie das Baby badete. Das bringe dem Kind Glück, sagte die Verheißung. Ich halte diesen Brauch allerdings eher für eine gewitzte „Erfindung“ meiner vorzeitlichen Berufskolleginnen, die für ihre Dienste entlohnt werden wollten. Schließlich gab es damals keine geregelte Bezahlung für Hebammen. Sie waren auf die „freiwilligen“ Gaben der jungen Eltern angewiesen.
Ein anderes Beispiel stammt aus Berichten der Gemeinde Mülverstedt in Thüringen. Dort waren die Menschen noch Mitte des 19. Jahrhunderts davon überzeugt: Ein Kind darf nicht dem Regen ausgesetzt werden, damit es keine Sommersprossen bekommt. Dieser „volksmedizinische“ Aberglaube ist u.a. auch aus Franken überliefert – im Gegensatz zu manch anderen Überzeugungen aber natürlich kompletter Quatsch!
Höchste Zeit, mit einigen Irrtümern aufzuräumen
Das Streben nach Erklärungen für einst unerklärliche Phänomene brachte viele weitere Merkwürdigkeiten hervor. Dazu zählen auch diverse Vorstellungen darüber, warum manche Babys mit einem Muttermal auf der Haut geboren werden. Die vermeintlichen Ursachen dafür wurden unterschiedlich verortet. Sie reichten von Schreckmomenten der Mutter in der Schwangerschaft über den „bösen Blick“, der sie von irgendwo her traf, bis hin zu schlimmen Flüchen, die sie ausstieß und für die das Kind nun mit Muttermalen büßen müsse. Zum Glück ist an die Stelle solcher hanebüchenen Vorstellungen aus dem Mittelalter heute aufgeklärtes Wissen getreten!
Unabhängig davon, wie exzellent die wissenschaftliche Forschung heute ist und wieviel sie jetzt über Zusammenhänge weiß: Einige Überzeugung sind immer noch zu hören, selbst wenn sie dem Reich des Aberglaubens entspringen. Dabei verbreiten nicht nur manche Großmütter und andere Angehörige junger Familien die merkwürdigen Hirngespinste. Auch und gerade das Internet und die sozialen Medien stecken leider voll davon und verleihen alten Mythen damit eine vermeintlich neue „Glaubwürdigkeit“. Es ist also höchste Zeit, mit einigen Irrtümern aufzuräumen.
Zum Beispiel mit dem „guten“ Rat, den Kinderwagen nicht vor der Geburt zu kaufen bzw. ins Haus zu holen, weil das angeblich Unglück bringen soll. Davon waren Frauen in Zeiten, in denen die Kindersterblichkeit noch sehr hoch war, fest überzeugt. Aber auch heute kann uns dieser Rat noch begegnen. Wahrscheinlich schwingt in ihm immer noch die Sorge mit, dass die Schwangerschaft enden könnte, ohne dass das Baby gesund geboren und wohlbehalten zu Hause angekommen ist.
Dabei hat das Wohlergehen eines Babys natürlich gar nichts mit der Anschaffung des Kinderwagens zu tun. Es ist deshalb gut, wenn schwangere Frauen sich heute nicht von solchem Aberglauben beeindrucken und leiten lassen. Dass sich dieser Mythos bei manchen Schwangeren trotzdem bis jetzt gehalten hat, zeigt nur, wie tief ihre Angst ums Baby sitzt. Dadurch wiederum entsteht Raum für weitere Mythen und abergläubische Tipps.
Mein Tipp: Wer einen Kinderwagen haben möchte, sollte sich nicht von diesem Aberglauben leiten lassen, sondern ihn lieber in Ruhe und mit Zeit aussuchen und ausprobieren.
Aberglauben zur Schwangerschaft
Stimmt es, dass die Bauchform der Schwangeren das Geschlecht des Kindes verrät? Nach alten Überlieferungen deutet ein eher spitz nach vorn gewölbter Bauch darauf hin, dass es ein Junge wird, während ein runder, eher breiterer Bauch ein Mädchen „verspricht“. Immerhin: Mit dieser Prognose lag und liegt man in der Hälfte aller Fälle richtig. Tippt man auf einen Jungen, so ist die Wahrscheinlichkeit sogar noch etwas höher. Das liegt daran, dass etwas mehr Jungen als Mädchen geboren werden. Heute lässt sich dieser Aberglaube mit Hilfe des Ultraschallgerätes oft schon in der Schwangerschaft ausräumen. Früher musste man bis zur Geburt abwarten, um zu wissen, ob die Wette auf das Geschlecht gestimmt hat.
Ein US-amerikanisches Forschungsteam nahm sich dieser Frage auch wissenschaftlich an. Und stellte im Ergebnis richtig: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Form des Babybauches und dem Geschlecht des Kindes. Vielmehr beeinflussen die Körperhaltung der werdenden Mutter und besonders die Lage des Fötus die Bauchform in der Schwangerschaft.
Stimmt es, dass Mädchen der Mutter die Schönheit rauben? Eine Schwangere mit strahlend rosigem Hautbild und glänzend vollem Haar bekommt ganz sicher einen Jungen – auch das ist weit verbreiteter Glaube. Werde dagegen ein Mädchen erwartet, so sei das an der unreinen Haut und den stumpfen kraftlosen Haaren der Schwangeren zu erkennen, hieß es. Auch dieser Aberglauben ist ebenso alt wie falsch. Tatsächlich sorgt der stark ansteigende Östrogenspiegel der Schwangeren nicht nur für ein strahlendes Hautbild und feste Fingernägel, sondern auch für kräftigen Haarwuchs. Das Hormon verlängert nämlich die Lebensdauer der einzelnen Kopfhaare und lässt sie schneller und dichter wachsen. Und das alles geschieht sowieso – und vor allem unabhängig davon, welches Geschlecht das ungeborene Kind hat. Viele Frauen fühlen sich vor allem im zweiten Schwangerschaftsdrittel wohl und energiegeladen. Andere leiden jedoch stärker unter der körperlichen Belastung der fortschreitenden Schwangerschaft, was sich dann auch in ihrem Aussehen spiegeln kann.
Stimmt es, dass jede Schwangerschaft die Mutter einen Zahn kostet? Diese Annahme stammt noch aus Zeiten, in denen eine schlechtere Ernährungslage herrschte und man über Zahngesundheit und effektive Zahnpflege noch nicht so viel wusste wie heute. Insofern steckte früher in diesem Glaubenssatz auch ein Körnchen Wahrheit. Denn tatsächlich sorgen hormonelle Veränderungen sowie eine bessere Durchblutung bei Schwangeren für weicheres und stärker durchblutetes Zahnfleisch. Als Folge kann es schneller zu Problemen mit entzündetem und blutendem Zahnfleisch kommen. Und auch eine regelmäßige Zahnhygiene haben unsere Ahninnen nicht so ernst genommen. Heute weiß man dagegen, wie wichtig der Schutz der Zähne vor Karies ist. Deshalb sind die Zähne werdender Mütter mit der richtigen Prophylaxe und Zahnpflege während der Schwangerschaft nicht mehr gefährdet. Hinzu tritt heute außerdem eine sehr gute Nährstoffversorgung von Schwangeren mit Vitaminen, Calcium und Mineralien, die ebenfalls die Zähne stärkt. Auch das sah zu Zeiten unserer (Ur)Großmütter meistens noch anders aus.
Stimmt es, dass Amulette wirklich schützen? Der besondere Schutz von schwangeren Frauen, Müttern und Babys hat den Menschen stets am Herzen gelegen. Und sie erdachten vieles, diesen Schutz auf jede erdenkliche Weise herzustellen. Sehr beliebt und weit verbreitet waren in diesem Zusammenhang Amulettketten, gerade im süddeutschen Raum. Weil sie den Wunsch nach potenziertem Schutz in allen Lebenslagen widerspiegelten, fanden sich an solchen Arm- oder Halskettchen oft mehrere Schutzanhängsel. Bernstein z.B. sollte gegen Zahnschmerz und den Bösen Blick helfen. Malachite für eine gesunde Schwangerschaft und sichere Geburt sorgen. Und Serpentin werdende und stillende Mütter als „Schreckstein“ vor dem Erschrecken schützen. Nach gängigem Glauben, der sich noch weit in die Neuzeit hinein streckte, könnte mütterliches Erschrecken nämlich zu Missbildungen beim Kind oder zum Versagen der Muttermilch führen.
Amulettfunktion nahmen auch die sogenannten „Heiligen Längen“ ein – was zeigt, dass so mancher Aberglauben eng mit religiösen Überzeugungen verknüpft war. Bei den „Längen“ handelte es sich um mit Gebeten und verschiedenen Darstellungen bedruckte, schmale Papierstreifen oder Seidenbänder, die den Maßen heiliger Personen, Stätten oder Gnadenbildern entsprachen und dadurch starke Schutzwirkung entfalten sollten. Zur Erleichterung der Geburt wurden sie Frauen um den Leib gebunden oder aufgelegt.
Aberglauben zur Geburt
Stimmt es, dass bei Vollmond mehr Babys geboren werden? In einigen Bereichen unseres (Frauen)Lebens wird dem Mond ein maßgeblicher Einfluss zugeschrieben. So fand die Chronobiologin Charlotte Förster in einer Studie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg z.B. im Jahr 2021 heraus: Vermutlich waren das menschliche Fortpflanzungsverhalten und der Zyklus der Frau noch in der Antike synchron mit dem Mondzyklus. Moderne Lebensgewohnheiten und künstliches Licht haben diesen Gleichtakt allerdings heute weitgehend verändert.
Gerade Vollmondphasen beschäftigen viele Menschen besonders und lassen Mythen ranken. Schlecht geschlafen heute Nacht? Klar, es war ja Vollmond! Jede von uns hat solche Aussagen sicher schon einmal gehört. Da erscheint es geradezu naheliegend anzunehmen, dass der Vollmond auch einen Einfluss auf so ein einschneidendes Ereignis wie eine Geburt habe. Auch von Hebammenkolleginnen habe ich das schon gehört – zumindest subjektiv haben einige den Eindruck, dass bei Vollmond mehr Kinder auf die Welt kämen. Ist das tatsächlich so? Nein, sagen verschiedene Studien, die diese Frage untersucht haben. Sie kamen zum immer gleichen Ergebnis: Ein objektiver Zusammenhang zwischen dem Vollmond und vermehrten Geburten lässt sich nicht feststellen.
Stimmt es, dass Sonntagskinder mehr Glück im Leben haben? Bereits bei den alten Römern wurden am Sonntag geborene Babys als „Kinder der weißen Henne“ bezeichnet. Dieser Vogel galt als Glücksbringer. Im Mittelalter wurden ihm Heilkräfte oder übersinnliche Fähigkeiten zugeschrieben. Bis heute hat sich der Glaube verfestigt, dass Sonntagskinder mehr Glück im Leben hätten oder auch selbst Glücksbringer seien. Eine schöne Vorstellung – aber auch dieser Aberglauben kann wissenschaftlich nicht belegt werden. Ganz nebenbei: Aus Sicht der Entbindungskliniken machen Wochenend-Dienstpläne und Sonntagszuschläge Geburten am 7. Wochentag zunehmend unattraktiv.
Aberglauben zum Stillen
Stimmt es, dass Stillen Hängebrüste macht? Fakt ist, dass sich die weibliche Brust bereits während der Schwangerschaft durch die Hormonumstellung verändert. Besteht die Brust bis dahin weitgehend aus Fettgewebe, so sorgen jetzt zusätzliches Bindegewebe und Milchdrüsen für einen größeren Umfang. Und zwar völlig unabhängig davon, ob die Frau ihr Kind später stillen wird oder nicht. Nach dem Ende der Stillphase ist es von Frau zu Frau verschieden, wie ihre Brust dann aussieht. Den größten Einfluss darauf hat die individuelle Struktur des Bindegewebes. Bei vielen Frauen sieht die Brust daher rasch wieder wie vorher aus. Bei anderen dauert es einige Monate bis zu zwei Jahren, bis sich das zusätzliche Drüsengewebe zurückgebildet hat und der Körper in der Brust wieder mehr Fett einlagert. Es lässt sich also nicht verallgemeinern, dass bei stillenden Müttern die Brust zum Hängebusen wird.
Stimmt es, dass Stilltees die Milchbildung anregen? VieleMütter in Deutschland greifen zu Fenchel-Anis-Kümmel-Tee. Diese Kräutermischung soll die Milchbildung anregen. Gleiches wird auch Malzbier, selbst gebackenen Milchbildungskugeln oder Stillöl nachgesagt. In Teilen Afrikas wiederum verzehren stillende Mütter Hirsewein oder gesalzene Erdnüsse, um ihre Milchproduktion zu steigern. Und in Teilen Asiens versucht man diesen Effekt mit Bananenblüten und Hähnchenfleisch zu erzielen. Diese Beispiele zeigen: Angeblich milchbildende Lebensmittel sind also reine Glaubensfrage, die je nach kulturellem Hintergrund anders beantwortet wird. In jedem Fall aber liefern sie viele Kalorien. Wissenschaftliche Belege zur erwünschten Wirkung durch Stilltees & Co. gibt es jedenfalls nicht. Aber ganz sicher schadet es auch nichts, wenn stillende Mütter sogenannte „Milchbildungstees“ trinken und sich „besondere Nahrungsmittel“ gönnen. Nahrungsmittel, die eine hohe Energiedichte haben, sind besonders für jene Mamas wichtig, die im Wochenbett nur wenig Zeit zum Essen finden. Zu beachten ist dabei aber dennoch, dass die notwendige Energie in der Stillzeit aus einer gesunden, vielfältigen Ernährung kommen muss.
Und was beeinflusst nun die Milchbildung wirklich? Tatsächlich entscheiden über die Produktion die Häufigkeit, mit der das Kind an die Brust gelegt wird, die richtige Saugtechnik des Babys sowie die Hormone der Mutter.
Wenn du dich gut auf das Thema Stillen vorbereiten möchtest, dann kannst du das auch in meinem Online-Stillkurs machen. Zusätzlich zu den Videos bekommst du auch ein ausführliches E-Book, in dem du alles Wichtige und Richtige rund um das Thema Stillen und Muttermilch erfährst.
Aberglauben zum Baby
Stimmt es, dass Schreien die Lungen des Kindes kräftigt? Mit diesem Glaubenssatz muss ich jetzt wirklich einmal aufräumen. Denn Babys Lungen benötigen kein Schrei-Training! Bereits mit dem ersten Atemzug arbeiten sie hervorragend und benötigen auch für ihr weiteres Wachstum keinerlei „Unterstützung“. Die Aufforderung, Babys schreien zu lassen, wurde vielmehr im Dritten Reich stark verbreitet. Sie hatte das Ziel, Kinder nicht zu „verweichlichen“. Auf diese Weise sollten nämlich einmal bessere Soldaten aus ihnen werden.
Doch ein Baby kann nur durch sein Weinen oder Schreien mitteilen, dass gerade etwas nicht in Ordnung ist. Dabei ist es für den Säugling geradezu überlebenswichtig, dass seine Eltern unverzüglich mit Nähe und Fürsorge auf seine Signale und Bedürfnisse regieren. Das gibt dem Kind Sicherheit, stärkt die Eltern-Kind-Bindung und lässt Babys Urvertrauen wachsen. Mit „Verwöhnung“ hat das rein gar nichts zu tun! Wie wichtig liebevolle Zuwendung für Babys ist, wurde mittlerweile wissenschaftlich bestätigt.
Stimmt es, dass Babys Haare nicht vor dem 1. Geburtstag geschnitten werden sollten? In vielen Kulturen wird dem Kopfhaar traditionell vermeintliche Macht zugesprochen – vor allem als starker Schutz vor allerlei Gefahren, bösen Mächten und sonstigem Unbill, aber auch als Garant für Lebensglück und eine gute Entwicklung. Lustig, oder? Daher hat es sich vielerorts eingebürgert, dem Kind vor einem gewissen Lebensalter nicht das Haar zu beschneiden. In einigen Kulturen, etwa im amerikanischen, europäischen und auch deutschen Raum, warnt die Überlieferung vor dem Griff zur Schere vor dem 1. Geburtstag. In anderen Kulturen wird erst zum dritten Geburtstag oder auch noch später zum ersten Haarschnitt geraten. Oft ist dieser dann auch von besonderen Zeremonien, Riten oder Festen begleitet und markiert damit meist den Übergang des Kindes in eine nächste Lebensphase. In diesem Zusammenhang bekannt ist auch bei uns, dass die ersten abgeschnittenen Ringellöckchen oder zarten Strähnchen sorgsam aufgehoben werden.
Es gibt aber auch entgegengesetzte Kulturen, in denen Babys das Köpfchen früh geschoren wird – übrigens häufig mit ähnlichen Begründungen: Um Böses von ihnen fernzuhalten sowie Lebensglück, Gesundheit und gute Entwicklung zu sichern.
Ob mit Babys Haaren nun so herum oder anders herum verfahren wird – natürlich ist jede dieser Praktiken, Verbote oder Gebote reinster Aberglaube! Denn ein gelingendes Aufwachsen von Kindern hängt weder vom Zeitpunkt des ersten Haarschnittes noch von der Länge oder Beschaffenheit der Härchen ab, sondern einzig und allein von guten Lebensbedingungen für das Kind.
Wenn Eltern also meinen, Babys Haarpracht sei nun reif für den ersten Schnitt, dann können sie ihn ruhigen Gewissens vornehmen, wann immer sie es für richtig halten. Mehr Informationen zu Babys Haaren findest du hier.
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Katharina Jeschke
Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme
Als Geburtshausleiterin, Hebamme und Mutter unterstütze ich Frauen dabei ihre Herausforderung während, vor und nach der Schwangerschaft besser zu bewältigen.
Um noch mehr Frauen zu erreichen, startete ich elternundbaby.com. Ich freue mich darauf, dich hier begrüßen zu dürfen.