„Risikoschwangerschaft“ heißt: Mutter und Kind noch stärker im Blick

Der Schreck sitzt tief: Ach du meine Güte – ich bin schwanger und sehe plötzlich in meinem Mutterpass dass ich als „Risikoschwangerschaft“ gelte???!! Warum denn das? Ich bin doch topfit! Lass dich nicht verunsichern – die allermeisten Babys, nämlich gut 97 Prozent, kommen in Deutschland absolut gesund auf die Welt.

Warum gibt es heute so viele „Risikoschwangerschaften“?

Es wird dich vielleicht beruhigen zu wissen: Heutzutage erhalten ungefähr vier von fünf Frauen in ihrem Mutterpass den Vermerk „Risikoschwangerschaft“. Jetzt liegt die Frage auf der Hand: Wie kommt es, dass heute so viele Schwangere als Risikopatientin eingeordnet werden? Das ist einfach erklärt: Früher waren lediglich 17 sogenannte Risikofaktoren festgelegt, anhand derer bewertet wurde, wann eine Risikoschwangerschaft vorliegt. Heute umfasst dieser Katalog dagegen 52 Merkmale! Du kannst dir also leicht vorstellen, dass durch die mittlerweile rund dreimal so viel Risikofaktoren auch die Zahl der „Risikoschwangerschaften“ deutlich gestiegen ist.

Wenn auch du zu den Betroffenen gehörst, bist du vielleicht beunruhigt und besorgt und deine anfänglich freudige Erwartung hat erstmal einen ordentlichen Dämpfer bekommen. Deshalb möchte ich dich ermuntern, mit deiner Hebamme oder deiner Ärztin/deinem Arzt über den zugrundeliegenden Befund und die möglichen Folgen zu sprechen und dir in aller Ruhe alles ausführlich erklären zu lassen.

Möglicherweise beruhigen dich auch schon die folgenden Erläuterungen dazu, was diese Einstufung überhaupt heißt.

„Risikoschwangerschaft“ bedeutet zunächst einmal nur: Deine betreuende Ärztin bzw. dein Arzt und deine Hebamme behalten euch beide – dich und dein Kind – besonders sorgsam im Blick, weil eventuell Komplikationen auftreten könnten. Dabei liegt die Betonung auf eventuell und könnten. Möglicherweise werden den betroffenen Schwangeren auch zusätzliche medizinische Tests bzw. Untersuchungen angeboten. Trotzdem bleibt es ihre freie Entscheidung, ob sie diese vornehmen lassen möchten oder nicht.

Die Einstufung als „Risikoschwangerschaft“ kann auch für die Klinik, in der das Kind geboren werden soll, wichtig sein. In manchen Fällen ist es nämlich erforderlich, rechtzeitig besondere Schutzmaßnahmen für die Geburt bzw. die anschließende medizinische Betreuung des Babys vorzubereiten.  

Was sind „Risikofaktoren“?

Folgende und noch weitere Merkmale können zu einer Einstufung sind erste einmal Befunde. Manche Befunde führen automatisch dazu, dass die Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft wird. Bei anderen Befunden müssen mehrere zusammen kommen, um von einer Risikoschwangerschaft zu sprechen. Zu diesen Befunden gehören beispielsweise:

• das Alter der Schwangeren (über 35 und unter 18 Jahren),
• eine Mehrlingsschwangerschaft,
• bestimmte Vorerkrankungen der werdenden Mutter (z.B. Diabetes, Asthma, Epilepsie oder Erkrankungen des Herzens, der Nieren oder der Schilddrüse),
• vorausgegangene Früh- oder Fehlgeburten,
• Erbkrankheiten in der Familie
• und vieles andere mehr.

Der stark erweiterte Katalog erfasst also eine größere Anzahl Schwangere, für die eine engmaschigere medizinische Betreuung vorgesehen ist. Hinzu kommt, dass immer mehr Frauen mittlerweile 35 Jahre und älter sind, wenn sie ihr erstes Kind auf die Welt bringen. Und das zweite oder dritte Kind wird immer häufiger auch jenseits des 40. Geburtstags der Mutter entbunden. Dieser Trend zur sogenannten „späten Mutterschaft“ wird vermutlich noch steigen. „Späte Mütter“ gelten jedoch automatisch als Risikoschwangere. Das liegt daran, dass sie statistisch gesehen höhere gesundheitliche Risiken aufweisen für bestimmte Schwangerschaftserkrankungen sowie für Chromosomenabweichungen beim Kind. Das gilt unabhängig davon, wie gesund und fit die Frau tatsächlich ist. 

Trotzdem kann ich nicht oft genug betonen: Der Vermerk „Risikoschwangerschaft“ im Mutterpass heißt noch lange nicht, dass irgendwelche Komplikationen auch tatsächlich eintreten werden. Wie anfangs schon erwähnt: Die überwältigende Mehrheit der Babys landet in Deutschland nach der Geburt gesund und munter in den Armen ihrer Mütter. Möglicherweise ist genau das auch eine Folge der besonders intensiven Überwachung von so vielen „Risikoschwangerschaften“.