Erst kürzlich sprach ich mit einer besorgten Mutter, die ihrer 15 Monate alten Tochter nach dem Aufenthalt im Garten eine Zecke entfernen musste. Wie die meisten Kinder liebt es die Kleine, draußen zu spielen und ist auf ihren kleinen Beinchen flott unterwegs. Zum Glück blieb die Episode folgenlos. 

Vor allem im Frühjahr und Sommer, wenn es wärmer wird, verbringen Familien gerne wieder outdoor mehr Zeit. Damit steigt jedoch auch die Gefahr, Bekanntschaft mit den winzigen Blutsaugern zu machen. Mit ihrem Stich (Zecken beißen nämlich nicht, sondern stechen) können die Plagegeister bis zu 50 verschiedene Krankheiten übertragen, Darunter sind die Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) die bekanntesten und wohl gefährlichsten. Mehr dazu findest du daher unten. 

Dennoch solltest du nicht gleich in Panik verfallen, wenn du bei dir oder deinem Kind eine Zecke entdeckt hast. Hier wollen wir einen näheren Blick auf das Thema werfen und dabei mit dem einen oder anderen Irrtum aufräumen. 

Zecken-Steckbrief

Räumen wir gleich mal mit einem der häufigsten Irrtümer auf: Nein, Zecken lassen sich nicht von oben aus den Bäumen fallen. Denn sie können mit ihren acht Beinen sowieso nur maximal 1,50 Meter in die Höhe krabbeln. Also „stürzen“ sie sich auch nicht auf ihre Opfer. 

Vielmehr leben Zecken im Unterholz, an Sträuchern, Farnen und Gräsern sowie auf der Wiese. Und eben auch in Gärten oder Parks. Die Gefahr kommt also „von unten“. So lassen sich Zecken vom Menschen oder vom Tier im Vorbeigehen abstreifen und gelangen auf diese Weise zu ihrem Wirt. 

Sobald die Nächte frostfrei sind, entfalten die Spinnentiere (Zecken sind nämlich keine Insekten) bereits ab 10 Grad Tagestemperatur ihre Aktivität. Sie besitzen scherenartige Mundwerkzeuge, mit denen sie die Haut ihres Wirts anritzen. Dann dringen sie mit ihrem Stechrüssel ins Hautgewebe ein und graben dort eine Art Kuhle, in der sich Blut, Lymphflüssigkeit und Gewebesubstanzen sammeln – ein Festmahl für den kleinen Blutsauger! Dabei spielt der Speichel der Zecke eine besondere Rolle, denn darüber gibt das Tier z.B. ein Betäubungsmittel ab. So spürt der Mensch nichts vom Einstich. Andere bestimmte Stoffe im Speichel der Plagegeister sorgen wiederum dafür, dass sich die Stichstelle nicht entzündet. Und wieder andere Sekrete verhindern die Blutgerinnung in der Stichstelle, sodass die Zecke auch über Tage saugen kann. Dies alles wäre noch kein Problem. Das entsteht erst dadurch, dass der Speichel des unangenehmen Tierchens auch Krankheitserreger enthalten kann.

Noch kurz zur Entwicklung der Zecke: Aus den Eiern, die ein Weibchen ablegt, schlüpfen circa 0,5 mm große Larven. Diese wachsen zu sogenannten Nymphen mit 1 bis 2 mm Größe heran. Daraus entwickeln sich die erwachsenen Tiere, die maximal 6 mm groß werden. Hat sich ein Zeckenweibchen jedoch mit Blut vollgesogen, so kann es seine Größe sogar verdoppeln. Auch die Larven und Nymphen nehmen bereits Blutmahlzeiten zu sich. 

Zecken sind übrigens außerordentlich zäh: Sie überleben sogar einen 90 Grad-Vollwaschgang sowie einige Tage im Gefrierfach. Und spült man sie in der Toilette herunter, so können sie durchaus wieder hochkrabbeln. 

Erkrankungsrisiken

Die größte Gefahr, die von Zecken ausgehen kann, ist die mögliche Übertragung einer Borreliose oder einer Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Beide Erkrankungen können nicht unerhebliche Langzeitfolgen nach sich ziehen. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass mit jedem Zeckenstich die entsprechenden Erreger automatisch übertragen werden, denn längst nicht jede Zecke trägt diese Erreger.

Borreliose (Lyme Borreliose) 

Bis zu einem Drittel der in Deutschland vorkommenden Zecken tragen Borrelien in sich. Das variiert von Region zu Region jedoch stark. Allerdings: Werden diese Bakterien auf den Menschen übertragen, so können sie verschiedene Organsysteme, insbesondere die Haut, die Nervenbahnen und die Gelenke, aber auch das Herz angreifen.

Eine Borreliose macht sich durch Symptome wie Entzündungen oder motorische bzw. sensorische Störungen bemerkbar. Charakteristisch für eine Infektion ist zunächst eine ringförmige Wanderröte um die Einstichstelle herum. Weitere Symptome können Fieber, Gelenkschwellungen sowie Kopf- und Gliederschmerzen sein. Alle diese Anzeichen müssen jedoch nicht zwingend auftreten. Die allermeisten Erkrankungen verlaufen recht milde und sind mit Antibiotika gut zu behandeln. Sie sollten ggf. auch auf diese Weise behandelt werden, damit keine Komplikationen auftreten. Deshalb: Beobachtet nach einem Zeckenstich bei euch oder eurem Kind die Einstichstelle möglichst 14 Tage lang. Zeigt sich eine gut sichtbare, ringförmige Hautrötung, die am Rand stärker gerötet ist, so sucht bitte eine Ärztin bzw. einen Arzt auf.  

Grundsätzlich gilt: Je länger die Zecke an der Einstichstelle verbleibt und dort saugen kann, desto größer wird das Risiko einer Infektion. Es steigt nach einer Saugzeit von 12 Stunden. Daher ist die schnelle Entfernung der Zecke wichtig (siehe unten).

Doch auch wer infiziert ist, erkrankt nicht automatisch an Borreliose. Bei den Personen, die von einer Zecke gestochen wurden, werden laut Robert-Koch-Institut (RKI) nur bei 2,6 % bis 5,6 % eine Borrelien-Infektion nachgewiesen. Und von diesen nachgewiesenen Fällen erkranken wiederum nur sehr wenige. In Zahlen ausgedrückt: Von den Gestochenen kommt es bei nur 0,3 bis 1,4% auch zu Krankheitssymptomen. Hat man sich einmal infiziert, schützt das leider nicht vor einer neuen Infektion nach erneutem Zeckenstich. Eine Impfung gegen Borreliose gibt es nicht.

Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

Wie erwähnt, kann eine Zecke auch Träger von FSME-Viren sein. In dem Fall werden die Viren sofort beim Einstich mit dem Speichel des Tieres übertragen. Das kann eine Entzündung des zentralen Nervensystems nebst Hirnhautentzündung zur Folge haben. Bis sich erste grippeähnliche Symptome zeigen, können wenige Tage, aber auch mehrere Wochen vergehen. Weil der Zeckenbiss dann schon vergessen sein kann, ist es dann schwer, die Symptome von einer „normalen“ Sommergrippe zu unterscheiden.    

Bei Kindern ist eine Infektion eher unwahrscheinlich. Falls es doch dazu kommt, ist der Krankheitsverlauf meistens eher mild mit „nur“ Kopfschmerzen und Fieber. 

Infizierte Erwachsenen bleiben ganz überwiegend beschwerdearm oder ganz frei von Symptomen. Ist das nicht der Fall, so kann die Erkrankung in zwei Phasen verlaufen: 

Phase 1: Die Infizierten leiden wie gesagt unter grippeähnlichen Symptomen. Nach deren Abklingen haben die meisten die Erkrankung gemeistert. 

Phase 2: Anschließend entzünden sich die Hirnhäute/das Gehirn (Meningoenzephalitis), ggf. auch das Rückenmark. Die Betroffenen fiebern erneut und haben mit Übelkeit, Erbrechen, Störungen bzw. Ausfällen des Nervensystems zu kämpfen. Das kann bis zu bleibenden Schäden führen.

Leider lässt sich eine FSME selbst nicht behandeln, sondern nur die mit ihr einhergehenden Beschwerden. Bei schweren Verläufen erfolgt das auch stationär im Krankenhaus. Wer einmal eine FSME-Infektion überstanden hat, gilt anschließend als immun. 

Wie hoch die Gefahr ist, dass Zecken FSME übertragen, hängt von der jeweiligen Region ab, in der man wohnt bzw. unterwegs ist. Die FSME-Risikogebiete liegen derzeit noch eher in Süddeutschland. Sie breiten sich jedoch aufgrund der milden Winter immer weiter auch nach Norden und Osten aus. Hier  findest du eine aktuelle Karte. Und auch die in Deutschland erfassten FSME-Fälle steigen kontinuierlich, berichtet das Robert-Koch-Institut.

Die gute Nachricht: Gegen FSME kann man sich vorbeugend in drei jährlichen Einzeldosen impfen lassen. Die Impfung ist für Kinder ab 12 Monaten möglich. Das empfiehlt sich etwa, wenn du in einem entsprechenden Risikogebiet wohnst und dein Kind viel draußen spielt. Besprich mit deiner Kinderärztin/deinem Kinderarzt, was für euch individuell sinnvoll ist. 

Die Zecke richtig entfernen

Ruhe bewahren: Hast du bei deinem Kind eine Zecke entdeckt, ist rasches, aber bedachtes Handeln gefragt, denn der Blutsauger muss entfernt werden. 

In diesem Zusammenhang will ich gleich einen weiteren Irrtum aus der Welt schaffen, der sich hartnäckig hält: Nein – auf keinen Fall sollte das Tier vor dem Entfernen mit Öl, Nagellack(entferner), Klebstoff oder Alkohol beträufelt werden, um es unschädlich zu machen. Tu das nicht! Das führt nämlich nur dazu, dass sich die Zecke quasi „übergibt“ und damit erst recht Krankheitserreger in die Einstichstelle spuckt. Das Infektionsrisiko vergrößert sich dadurch also. 

Damit du die Zecke bei deinem Kind gut herausziehen kannst, ist Folgendes wichtig:

• Dein Kind muss dabei stillhalten. Da gerade kleine Kinder nicht immer „kooperativ“ sind, ist es hilfreich, wenn sie abgelenkt sind. Im Idealfall hast du noch eine zweite Person dabei, die das Kind etwa mit einem Spielzeug beschäftigt. Andernfalls musst du dir selbst etwas zur Ablenkung einfallen lassen.

• Auch du selbst solltest unaufgeregt und ruhig bleiben. Wenn du in Stress und Hektik verfällst, überträgt sich das auf dein Kind und macht die Angelegenheit für alle Beteiligten nur nervenaufreibender. Zudem brauchst du eine ruhige Hand zum Entfernen der Zecke.  

Das passende Werkzeug: Zum Entfernen benutzt du am besten eine spezielle Zeckenkarte oder Zeckenzange bzw. Zeckenpinzette. Eines dieser Geräte sollte sich in deiner Hausapotheke befinden. Andernfalls sind sie beispielsweise in Apotheken oder online erhältlich. Wenn die „Outdoor-Saison“ beginnt und du mit deinem Kleinkind viel draußen bist, ist es ratsam, ein Instrument zur Zeckenentfernung auch immer dabei zu haben. 

Hast du unterwegs oder zu Hause gerade keines der Instrumente zur Hand, so helfen notfalls auch eine normale Pinzette oder lange Fingernägel. Sollte die Zecke jedoch so ungünstig sitzen, dass du sie nicht alleine entfernen kannst, hilft eine Ärztin/ein Arzt. 

Die richtige Technik: Um die Zecke herauszuziehen, platzierst du die Zeckenpinzette oder -zange möglichst dicht auf der Haut deines Kindes unterhalb des Zeckenkörpers. Dann ziehst du das Tier nicht ruckartig, sondern langsam und konsequent senkrecht nach oben heraus. Achte dabei darauf, den Zeckenkörper weder zu drehen noch zu quetschen. 

Bei der Zeckenkarte gehst du mit dem Schlitz unter das Tier und bewegst die Karte nach vorne und oben. So hebelst du die Zecke quasi heraus. 

Außerdem werden sogenannte Zeckenlassos angeboten. Damit werden die kleinen Blutsauger mittels einer Schlinge in vergleichbarer Technik herausgezogen.

Es kann passieren, dass der erste Versuch, das Tier zu entfernen, noch nicht erfolgreich ist. Versuche es dann einfach nochmal. Es macht auch nichts, wenn Teile des Mundwerkzeugs der Zecke in der Einstichstelle steckenbleiben, denn der menschliche Körper stößt sie später einfach ab. 

Nach dem Entfernen desinfizierst du die Einstichstelle mit Wunddesinfektionsspray . Und wie erwähnt: Behalte die Stelle noch einige Tage bis Wochen im Auge. Falls sich eine (kreisförmige) Rötung zeigt oder dein Kind später unter Fieber, Kopf- bzw. Gliederschmerzen oder Kurzatmigkeit leidet: Ab in die Kinderarztpraxis!

Schutz vor Zecken

Du kannst sowohl vor als auch nach eurem Aufenthalt im Grünen einiges tun, um es den kleinen Blutsaugern möglichst schwer zu machen:

Schutzspray benutzen: Das verströmt einen Duft, der Zecken draußen eher auf Abstand hält. Einige Sprays zielen direkt auf die Abwehr von Zecken, andere sind Mückenschutzsprays, die auch gegen Zecken wirken. Ganz wichtig: Das jeweilige Insektenschutzspray sollte auch für (kleine) Kinder zugelassen sein. Achte also auf die Altersangabe und lasse dich hierfür am besten in der Apotheke beraten. 

Das Kind entsprechend anziehen: Vorbeugend kannst du dein Kind in helle Kleidung kleiden. Darauf sind Zecken sind leichter auszumachen. Außerdem sollte die Bekleidung möglichst eng anliegt, damit die Achtbeiner nicht am Körper hinaufkrabbeln können. Am besten steckst du dem Kind auch das T-Shirt in die Hose und ziehst ihm die Strümpfe über die Hosenbeine. Auch das macht es das Zecken schwerer, den menschlichen Körper zu erobern.

Geschlossene Schuhe: Anders als Sandalen schützen geschlossene Schuhe besser davor, dass Zecken auf die Haut zu gelangen. Wenn dein Kind dagegen gar barfuß auf einer Wiese unterwegs ist, hat es gar keinen Schutz.

Unterholz & Co. meiden: Versuche darauf zu achten, dass dein Kind sich nicht speziell im Unterholz oder an Buschwerk aufhält. 

Den Körper absuchen: Nacheinem Ausflug in die Natur solltest du den ganzen Körper deines Kindes nach Zecken absuchen. Als Einstichstelle bevorzugen die Viecher dünne, weiche sowie gut durchblutete Stellen auf der Haut – besonders mögen sie Kniekehlen, den Lendenbereich, Bauch und Brust. Bei Kindern sitzen Zecken auch gerne mal am Kopf. Falls du fündig wirst, setze die Untersuchung erstmal trotzdem fort, bis du „einmal ganz durch“ bist, denn es können auch mehr als eine Zecke auf der Haut sitzen. 

Die ausgezogene Kleidung deines Kindes lässt sich gut über der Dusch- oder Badewanne ausschütteln. Dabei herausfallende Zecken sind dort leichter zu erkennen. 

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme, zertifizierte Erste Hilfe Trainerin, zertifizierte Schlafcaochin für Babys und Kinder

Als Hebamme, Schlafcoachin für Babys und Kinder, sowie als Erste Hilfe Trainerin  unterstütze ich Frauen und Eltern dabei Schwangerschaft, Geburt und die Zeit als Eltern gut und entspannt zu gestalten. Ich bin selbst Mama von zwei bezaubernden Kindern.

Kinder sollen sicher und geborgen wachsen können. Dafür brauchen sie starke Eltern, die mit Wissen und Intuition die Entwicklung ihrer Kinder begleiten. Meine Hebammenhilfe soll Eltern das Wissen und Vertrauen geben, das sie ihren individuellen Weg finden und gehen können.

Dieser Blog elternundbaby.com ergänzt meine online Hebammensprechstunde und meine online Kurse von notdiensthebamme.de