Für viele ungewollt kinderlose Paare ist eine reproduktionsmedizinische Behandlung ein Hoffnungsanker. Seit im Jahr 1982 in Deutschland das erste im Reagenzglas gezeugte Baby geboren wurde, haben rund 340.000 Kinder (bis 2019) nach künstlicher Befruchtung hierzulande das Licht der Welt erblickt.

Diese Zahl veröffentlichte das Deutsche IVF-Register in seinem Jahrbuch 2020.. Die Abkürzung IVF steht für In-Vitro-Fertilisation. Übersetzt bedeutet das: Befruchtung im (Reagenz-)Glas – also außerhalb des weiblichen Körpers. Doch auch wenn Eizelle und Spermien mittels dieser ärztlich angewandten Methode gezielt zusammengebracht werden, müssen sie allein verschmelzen und sich entsprechend weiterentwickeln. Mediziner*innen sprechen in diesem Zusammenhang auch von „assistierter Reproduktion“.  

Der rechtliche Rahmen

In Deutschland dürfen ausschließlich Ärzt*innen eine künstliche Befruchtung durchführen. Die gesetzlichen Grundlagen dafür liefern das Embryonenschutzgesetz und das Transplantationsgesetz sowie bestimmte Richtlinien. Darin sind die zulässigen Behandlungsmethoden geregelt, zu denen beispielsweise die In-Vitro-Fertilisation oder die Samenspende gehören. Zu den in Deutschland verbotenen Methoden zählen unter anderem die Leihmutterschaft oder die Eizellenspende.

Die Methoden für den Kinderwunsch mit ärztlicher Hilfe

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, wie eine Befruchtung mit ärztlicher Hilfe im Labor stattfinden kann. Die Ärztin bzw. der Arzt berät das Paar darüber, welches Verfahren im individuellen Fall die besten Erfolgsaussichten bietet. Das hängt vor allem von den Ursachen ab, die für die Kinderlosigkeit festgestellt wurden.

Für die Behandlungsschritte ist der optimale Zeitpunkt wichtig. Er steht an oberster Stelle, auch wenn er Paare nicht selten in Terminschwierigkeiten bringt, etwa wenn es in der Folge zu (wiederholten) Fehlzeiten im Job kommt. Viele möchten den Vorgesetzten und Kolleg*innen auch nicht brühwarm berichten, warum man ausgerechnet jetzt (schon wieder) freinehmen möchte.

Vorbereitung

Bevor es zur eigentlichen Befruchtung der Eizelle kommt, sollen Untersuchungen bzw. Behandlungen im Vorfeld die Chancen auf eine Schwangerschaft erhöhen. Dazu gehört das Zyklusmonitoring. Das bedeutet: Mittels Ultraschalluntersuchung über die Scheide und Bestimmung der Hormon-Werte aus dem Blut der Frau wird die Reifung der Eizellen kontrolliert. So kann eine befruchtungsbereite Eizelle identifiziert werden. Dieser Moment ist dann gegeben, wenn der Follikel, also das Bläschen, in dem die Eizelle heranwächst, etwa 2 Zentimeter groß ist. Darüber wird der optimale Zeitpunkt für eine Befruchtung per Geschlechtsverkehr bzw. Samenübertragung (Insemination) mit ärztlicher Hilfe bestimmt.

Gegebenenfalls wird der Eisprung auch per Injektion des HCG Hormons (Humanes Choriongonadotropin) ausgelöst. Das erfolgt dann im Rahmen einer parallelen hormonellen Stimulation. Dafür werden Hormone bzw. Hormonkombinationen in Tablettenform oder als Spritze verabreicht. Das ist abhängig davon, welches Ergebnis die die Bestimmung des Hormonstatus liefert. Dieses Verfahren dient dazu, hormonelle Unregelmäßigkeiten wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Hormonelle Störungen gehören nämlich zu den häufigsten Ursachen für einen unerfüllten Kinderwunsch. Außerdem soll dieses Vorgehen die Eierstöcke anregen, mehr als nur eine Eizelle gleichzeitig heranreifen zu lassen, damit diese für eine Befruchtung im Reagenzglas entnommen werden können.

Verschiedene Befruchtungswege

Das eigentliche Zusammenführen von Ei- und Samenzellen kann durch folgende Verfahren erfolgen:

Homologe Insemination (HI): Hierfür werden die Spermien des Mannes speziell aufbereitet und bei der Frau durch einen dünnen Katheder direkt in die Gebärmutterhöhle eingeführt. Diese auch Intrauterine Insemination genannte Prozedur nimmt die Ärztin bzw. der Arzt zum Zeitpunkt des Eisprungs vor. Pro Behandlung liegt die Erfolgsquote – also die Entstehung einer Schwangerschaft – bei 10 bis 15 Prozent. Auch wenn dieses Verfahren relativ einfach ist, sollte es nicht häufiger als vier- bis sechsmal angewendet werden. Denn danach sinken die Erfolgschancen deutlich.

Gründe für die HI sind z.B. eine eingeschränkte Qualität der Spermien und Unregelmäßigkeiten am Gebärmutterhals.

Donogene Insemination (DI): Das Verfahren verläuft wie bei der HI – jedoch mit einem wichtigen Unterschied: Die übertragenen Spermien stammen nicht vom Partner der Frau, sondern von einem anonymen Samenspender. Diese auch Heterologe Insemination genannte Befruchtungsmöglichkeit wird gewählt, wenn der Partner zeugungsunfähig ist oder eine sogenannte genetische Indikation vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn die Spermien des Partners ein hohes genetisches Risiko für Fehlgeburten mitbringen oder mit großer Wahrscheinlichkeit Kinder erzeugen, die bei der Geburt schwerstgeschädigt bzw. nicht lebensfähig sind.

In-Vitro-Fertilisation (IVF): Nach der hormonellen Stimulation werden der Frau 36 Stunden nach dem ausgelösten Eisprung mehrere befruchtungsfähige Eizellen aus den Follikeln in ihrem Eierstock entnommen (sogenannte Follikelpunktion). Das geschieht regelmäßig durch die Scheide mittels einer dünnen Nadel und wird per Ultraschall am Bildschirm überwacht. Anschließend werden die Eizellen im Reagenzglas (daher die Bezeichnung „in vitro“, also im Glas) in einer Nährlösung mit den Samenzellen des Partners zusammengebracht. Sein Sperma wird durch Masturbation gewonnen oder war bereits tiefgefroren (kryokonserviert). In jedem Fall werden die Samenzellen vor Verwendung entsprechend aufbereitet, um die Befruchtungsfähigkeit zu optimieren.

Das Reagenzglas mit den Eizellen und Spermien kommt dann in einen Brutschrank, wo die beiden Zellarten verschmelzen sollen. Das Anfangsstadium der Befruchtung ist unter dem Mikroskop an zwei sogenannten Vorkernen zu erkennen: Ist die Samenzelle in die Eizelle eingedrungen, bildet sich nach etwa vier Stunden aus beiden Keimzellen jeweils ein sogenannter Vorkern. Jeder enthält zur Hälfte den mütterlichen und väterlichen Chromosomensatz.

Nach wenigen Tagen setzt die Ärztin/der Arzt dann maximal drei befruchtete Eizellen bzw. Embryonen in die Gebärmutter ein. Das Gesetz verbietet es, dort noch mehr befruchtete Eizelle zu platzieren. Überzählige befruchtete Eizellen werden vernichtet oder tiefgefroren für eine mögliche spätere Verwendung aufbewahrt. Letzteres wird Kryokonservierung genannt. Das Embryonenschutzgesetz gestattet sie lediglich unter ganz bestimmten Bedingungen und nur in diesem sehr frühen Befruchtungsstadium, eben dem Vorkernstadium.

Hat sich ein Embryo erfolgreich eingenistet, zeigt nach rund zwei Wochen das HCG Hormon im Blut der Frau an, dass eine Schwangerschaft vorliegt. Nach weiteren zwei Wochen ist der Embryo dann auf dem Ultraschallbild erkennbar.

Laut IVF-Register liegt die Schwangerschaftsquote pro Durchlauf des beschriebenen Behandlungsprozesses aktuell bei 31,9 Prozent. Die Geburtenrate, auch Baby Take Home Rate genannt, beträgt 23,5 Prozent. Die Erfolgsaussicht auf eine Schwangerschaft steigt nach mindestens vier Behandlungszyklen auf 70 Prozent.

Die IVF-Methode wird beispielsweise angewendet bei verminderter Qualität der Samenzellen oder bei Unregelmäßigkeiten der Eileiter.

Intracytoplasmatische-Spermieninjektion (ICSI): Bei dieser auch als Mikroinjektion bezeichneten Methode wird jeweils eine Samenzelle direkt in eine weibliche Eizelle injiziert. Der übrige Ablauf gleicht der IVF. Die Spermien werden aus dem Ejakulat gewonnen oder operativ aus den (Neben)Hoden entnommen.

Die ICSI-Methode wird beispielsweise angewandt, wenn die Anzahl und Qualität der Spermien deutlich gemindert sind.

Intratubarer Gametentransfer (GIFT): Hierbei werden der Frau mittels einer Bauchspiegelung Eizellen entnommene. Zusammen mit dem aufbereiteten Sperma werden ihr diese Eizellen dann in die Eileiter gespritzt. Ziel dieser Methode ist es, dass die Befruchtung auf natürlichem Weg zustande kommt.

Da die Frau für die Bauchspiegelung eine Vollnarkose benötigt, ist das Risiko für Komplikationen höher. Auch die Gefahr einer Eileiterschwangerschaft ist erhöht. Da die Erfolgsrate des GIFT jedoch nicht besser ist als bei der IVF, wird dieses Verfahren kaum noch praktiziert.

Die Kosten

Hat sich nach ein bis zwei Jahren bei einem Paar auf natürlichem Wege keine Schwangerschaft einstellt, so geben ärztliche Untersuchungen Aufschluss über die möglichen Ursachen Ursachen . Die Kosten für diese Untersuchungen übernimmt deine gesetzliche oder private Krankenkasse im vollen Umfang.

Entscheidet sich das Paar dann für eine Kinderwunschbehandlung, so zahlt die gesetzliche Krankenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss zu den Behandlungskosten. Das sind in der Regel 50 Prozent der Kosten, die Zuzahlung kann aber auch höher ausfallen, da manche Kassen freiwillig mehr bezahlen.

Die Voraussetzungen für eine teilweise Kostenübernahme sind in § 27a SGB V geregelt und schreiben unter anderem vor:

• Das Paar muss heterosexuell sowie miteinander verheiratet sein.

• Beide Eheleute dürfen eine bestimmte Altersgrenze nicht überschreiten.

• Die Erfolgsaussicht der Behandlung muss attestiert sein.

Darüber hinaus wird nur eine bestimmte Anzahl der Befruchtungsversuche bezuschusst – bei der In-Vitro-Fertilisationsind das beispielsweise drei Versuche. War die Behandlung erfolgreich und das Paar wünscht sich ein zweites Kind, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse auch dafür anteilig die Kosten, wenn alle notwendigen Bedingungen erfüllt sind.

In welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen die privaten Krankenkassen Behandlungskosten übernehmen, hängt vom jeweiligen Versicherungsvertrag ab.

Daneben können heterosexuelle Paare bei der jeweiligen Bewilligungsbehörde staatliche finanzielle Unterstützung zu den Kosten einer Kinderwunschbehandlung beantragen. Das gilt für gleichermaßen für verheiratete und unverheiratete Paare und auch für den Wunsch nach einem zweiten Kind. Die Finanzierung dieser Leistung übernehmen Bund und Länder. Aktuell beteiligen sich 12 Bundesländer an diesem Förderprogramm. Die Höhe der Zuzahlung kann variiert je nach Bundesland, beträgt aber für Verheiratete meistens bis zu 25 Prozent des Eigenanteils, den das Paar zu tragen hat. Die genauen Bedingungen und Höhe der Zuzahlung sind nicht einheitlich geregelt. Mehr zur staatlichen Förderung kannst du auch hier nachlesen.

Die Kosten für einen IVF-Behandlungszyklus liegen bei etwa 3.000 Euro, es können auch ein paar Hundert Euro mehr oder weniger sein. Bei einer ICSI-Behandlung wird es noch einmal deutlich teurer. Hinzu kommen in jedem Fall die Kosten für die erforderlichen Medikamente in Höhe von 700 bis 1.600 Euro.

Ein Behandlungszyklus bedeutet die Behandlung während eines Monatszyklus der Frau. Ein einzelner Zyklus reicht jedoch in den meisten Fällen nicht aus, um schließlich irgendwann ein Baby im Arm zu halten. Entsprechend verteuern sich auch die Kosten durch mehrere Behandlungszyklen.

Die Risiken Kinderwunsch mit ärztlicher Hilfe

Auch bei perfekten Abläufen der Behandlungszyklen kann es passieren, dass der Erfolg ausbleibt und sich der Kinderwunsch nicht erfüllt. Dann ist es irgendwann an der Zeit, sich davon zu verabschieden, ein Kind selbst auszutragen. Solltest du dich gerade an diesem Lebenspunkt befinden, so lese bitte hier weiter.

Auch für die Seele sind laufende Kinderwunsch-Behandlungen meist eine große Belastung. Paare erleben dabei oft ein Wechselbad der Gefühle: Ängste, Zuversicht und Hoffnung, Enttäuschung und Trauer lösen sich ab. Für viele ist das Warten nach der Behandlung eine besonders schlimme Zeit. Die Frage, ob es endlich zu einer Schwangerschaft kommt oder wieder nichts damit wird, zerrt an den Nerven. Einen dann eintretenden Misserfolg nicht sich selbst anzulasten und zu verarbeiten, bleibt eine Herausforderung. Dazu gehört auch die Frage: Will ich, wollen wir es noch einmal versuchen und die ganzen, auch körperlichen Belastungen ertragen?

Ich kann jedem Paar nur raten sich in allen Phasen dieses ganzen Prozesses fachlich beraten und begleiten zu lassen!   

Blicken wir nun auf die körperlichen Risiken. Wie bei jedem anderen medizinischen Eingriff bestehen sie auch bei der künstlichen Befruchtung. Als Nebenwirkung der hormonellen Stimulation kam es früher häufiger zum Ovariellen Überstimulationssyndrom (OHSS). Das heißt: Durch den stark erhöhten Hormonspiegel vergrößern sich die Eierstöcke und produzieren besonders viele Eibläschen, die entsprechend viele Hormone produzierten. Als Folge konnte die Frau beispielsweise unter Übelkeit bzw. Erbrechen, starken Bauchschmerzen, Wasseransammlungen im Bauchraum oder sogar Nierenversagen leiden. Dieses Überstimulationssyndrom tritt mittlerweile aber nur noch in 0,3 bis 2 Prozent der diesbezüglichen Behandlung auf.  

Unabhängig davon, wie eine Schwangerschaft zustande gekommen ist, besteht die Möglichkeit einer Fehlgeburt. Ab dem Zeitpunkt, an dem der Embryo per Ultraschall sichtbar ist, liegt das Risiko bei rund 15 Prozent. In mehr als 50 Prozent der Fälle liegt der Grund für Fehlgeburten in genetischen Fehlbildungen beim Embryo.

Nun haben Studien gezeigt, dass durch Kinderwunschbehandlung gezeugte Babys ein deutlich höheres Risiko für Fehlbildungen tragen. Das muss aber nicht an der Behandlung selbst liegen. Vielmehr begründen Mediziner*innen diese Erkenntnis damit, dass die meisten Paare, die sich einer Kinderwunschbehandlung unterziehen, bereits älter sind: Die meisten Frauen z.B. befinden sich zwischen dem 35. und 39. Lebensjahr. Mit zunehmendem Alter vor allem der Frau steigt aber das allgemeine Risiko für kindliche Fehlbildungen beim Kind ohnehin. Und auch das Risiko für eine Frühgeburt bzw. ein mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen geborenes Baby erhöht sich.

Bei einer Zeugung durch IVF oder ICSI steigt außerdem das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft um 20 bis 30 Prozent. Das birgt nicht nur für die Kinder ein erhöhtes gesundheitliches Risiko, sondern auch für die Mutter. Ganz zu schweigen davon, dass eine Mehrlingsgeburt das bisherige Leben der Eltern in allen Bereichen noch stärker auf den Kopf stellt, als es ein einziges Baby vermag.

Aus diesen Gründen dürfen der Frau auch nur maximal drei befruchtete Eizellen pro Kinderwunsch-Behandlung eingesetzt werden. Denn schließlich ist es auch noch nach dem Transfer in die Gebärmutter noch möglich, dass weitere Zellteilung zu entsprechend mehr Kindern führt. Laut IVF-Register geht der Trend mittlerweile dahin, nur noch eine befruchtete Eizelle einzubringen (single embryo transfer).  

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme

Als Geburtshausleiterin, Hebamme und Mutter unterstütze ich Frauen dabei ihre Herausforderung während, vor und nach der Schwangerschaft besser zu bewältigen.

Um noch mehr Frauen zu erreichen, startete ich elternundbaby.com. Ich freue mich darauf, dich hier begrüßen zu dürfen.