Wer den Begriff „Wehen“ hört, denkt wohl als erstes an den Geburtsschmerz. Das liegt nahe. Auch die Herkunft des Wortes „Wehen“ aus dem Mittelhochdeutschen geht auf die Bezeichnung für Schmerz bzw. Leid zurück. Dass Wehen auch Schmerzen verursachen, ist eigentlich nur eine unangenehme Nebenwirkung. Viel wichtiger ist: Geburtswehen erfüllen wichtige unterschiedliche Funktionen. Und sie bringen dich Schritt für Schritt jenem Augenblick näher, in dem du dein Baby endlich in deine Arme schließen kannst. Das ist doch ein wunderbares Ziel!

Bei den Geburtswehen werden verschiedene Wehenarten unterschieden, denen vor, während und nach der Entbindung jeweils wichtige Aufgaben zukommen. So bereiten sie beispielsweise deinen Körper auf die Geburt vor (Übungswehen) oder sorgen dafür, dass sich dein Muttermund weitet (Eröffnungswehen).

Eines ist jedoch allen Wehenarten gemeinsam: Die Gebärmuttermuskulatur zieht sich dabei rhythmisch zusammen. Wie intensiv eine Frau das wahrnimmt und als schmerzhaft empfindet, ist jedoch individuell sehr unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Was für die eine noch gut erträglich ist, kann für eine andere Frau die Grenze der Schmerztoleranz überschreiten. Diese Unterschiede sind völlig normal und in Ordnung, denn jede Frau und jede Geburt ist einzigartig.

Hier möchte ich dir die verschiedenen Wehenarten vorstellen, damit du ihre Aufgaben und Intensitäten besser einordnen kannst.

Geburtswehen

Wehen vor der Geburt

Übungswehen: Mit dieser Wehenart bereitet sich deine Gebärmutter auf die Geburt vor und trainiert schon einmal für ihren „großen Tag“: Sie übt.

Auch als Braxton-Hicks-Kontraktionen oder Wilde Wehen bekannt, treten Übungswehen etwa zwischen der 20. und 35. Schwangerschaftswoche auf. Das ist üblich und kein Grund zur Sorge, zumal sich durch diese Wehenart dein Muttermund nicht öffnet. Manche Schwangere nehmen Übungswehen auch gar nicht bewusst wahr, weil diese meistens nahezu schmerzfrei sind.

Möglicherweise empfindest du dabei aber auch ein leichtes Ziehen, das Menstruationsbeschwerden ein bisschen ähnelt. Viele Schwangere verspüren auch, wie ihr Bauch während einer Übungswehe für 30 bis 60 Sekunden fest wird und anschließend wieder entspannt. Das kann in unregelmäßigen Abständen bis zu dreimal in der Stunde auftreten. Sollten Übungswehen jedoch von Blutungen oder Ausfluss begleitet sein oder häufiger als dreimal stündlich bzw. zehnmal am Tag vorkommen, so ziehe bitte deine Hebamme oder deine Ärztin/deinen Arzt zu Rate.

Frühwehen: Diese Wehenartist ein Warnzeichen.Damitsignalisiert der Körper der Schwangeren, dass sie sich möglicherweise gerade körperlich oder seelisch zu viel zumutet. Neben Überforderung und Stress können aber auch eine Scheideninfektion, schwaches Muttermundgewebe sowie eine gestört arbeitende Plazenta oder Gebärmutter Frühwehen auslösen.

Diese auch als vorzeitige Wehen bezeichneten Gebärmutterkontraktionen treten vor der 36. Schwangerschaftswoche auf und bewirken, dass sich der Muttermund bereits öffnet. Frühwehen werden regelmäßig als ziehender Schmerz im Rücken oder Unterleib wahrgenommen und sind dreimal pro Stunde oder öfter in regelmäßigen Abständen zu spüren. Die Wehenintervalle können auch kürzer werden. Möglicherweise kommt es auch zu Ausfluss, der wässrig oder blutig sein kann.

Kontaktiere in jedem Fall deine Hebamme oder deine Ärztin/deinen Arzt, wenn du Frühwehen hast. Es ist nämlich wichtig abzuklären, ob es sich tatsächlich um eine vorzeitige Wehentätigkeit handelt – oder lediglich doch nur um harmlose Übungswehen.

Bei Frühwehen wird häufig (hochdosiertes) Magnesium verordnet, das krampflösend wirkt. In manchen Fällen sind aber auch Wehen hemmende Medikamente erforderlich. Für die Schwangere ist es jetzt wichtig, sich zu schonen. Das bedeutet nicht strenge Bettruhe – aber körperliche und seelische Belastungen sollten unbedingt vermieden werden.  

Vorwehen: Sie bereiten deinen Körper und dein Kind auf die Geburt vor und kündigen an: Jetzt dauert es nicht mehr lange, bis es los geht!

Üblicherweise tritt diese Wehenart etwa ab der 36. Schwangerschaftswoche auf – und manchmal auch etwas früher, wenn es sich nicht um die erste Geburt handelt. Vorwehen öffnen nicht den Muttermund. Sie machen sich in unregelmäßigen Abständen bemerkbar und können auch ganz wieder verschwinden. Diese Wehenart ist oftmals durch ein Ziehen in der Leistengegend und/oder im Rücken wahrnehmbar. Vielleicht verspürst du auch einen verstärkten Druck auf deiner Blase.

Bist du dir unsicher, ob es nicht doch bereits „echte“ Wehen sind, kannst du das durch einen einfachen Test herausfinden: Durch ein warmes Bad in der Wanne nehmen Vorwehen ab und hören meistens ganz auf. „Echte“ Geburtswehen hingegen werden durch das Bad noch verstärkt. ACHTUNG: Mache diesen Test aber bitte nur, wenn du nicht allein zu Hause bist, weil das warme Bad zu Kreislaufproblemen führen kann!

Auch wenn du dich bewegst und umhergehst, schwächen sich Vorwehen wieder ab. Hast du jedoch Zweifel, mit welcher Wehenart du es zu tun hast, dann kontaktiere deine Hebamme.

Senkwehen: Ihre Aufgabe ist es, dein Baby in die optimale Geburtsposition zu bringen. Das heißt: Durch die Senkwehen rutscht das Köpfchen des Kindes tiefer in dein Becken. Durch die veränderte Position des Kindes senkt sich auch dein ganzer Kugelbauch etwas nach unten. Die meisten Schwangeren empfinden das als Erleichterung, weil sie dann wieder besser atmen und essen können, ohne dass es „drückt“. Allerdings: Sitzt Babys Kopf in deinem Becken, so kann er merklich stärker auf deinen Beckenboden drücken. Auch das ist normal.

Wenn es ab der 36. Schwangerschaftswoche zu Senkwehen kommt, können sich diese manchmal schon etwas schmerzhafter bemerkbar machen. Wende in dem Fall bereits jene Techniken an, die du in deinem Geburtsvorbereitungskurs erlernt hast. Dennoch sind Senkwehen noch keine „echten“ Geburtswehen, das heißt: Sie öffnen den Muttermund nicht.

Um festzustellen, welche Wehenart bei dir vorliegt, kannst du den gleichen Badewannen-Test machen wie bei den Vorwehen. Auch für Senkwehen gilt: Ein warmes Bad wird sie nicht verstärken. ACHTUNG: Mache den Test auch in diesem Fall nur, wenn du nicht allein zu Hause bist!

Sollten die Senkwehen von anhaltenden Blutungen begleitet sein – zögere nicht, dich direkt ins Krankenhaus zu begeben.

Wehen während der Geburt

Eröffnungswehen: Sie können dir signalisieren: „Jetzt geht es los!“ Die Geburt beginnt allmählich. Es gibt jedoch noch andere Anzeichen für den Geburtsbeginn. Welche das sein können und wann du dich auf den Weg zu deinem Geburtsort machen solltest, kannst du hier nachlesen.

Der erste (und längste) Geburtsabschnitt ist die sogenannte Eröffnungsphase. Dabei sorgen die Wehen dafür, dass sich dein Muttermund nach und nach auf bis zu 10 Zentimeter öffnet. Bis er eine Weite von vier bis sechs Zentimetern erreicht hat und der Gebärmutterhals verstrichen ist, spricht man von der sogenannten Latenzphase. Die entsprechenden Wehen können sich schon ab der 37. Schwangerschaftswoche in unterschiedlicher Weise bemerkbar machen. Manche Frauen empfinden dabei einen eher stechenden Schmerz im Bauch, andere ein Ziehen in der Leistengegend oder im unteren Rücken. Einige vergleichen Wehen während der Latenzphase auch mit intensiven Menstruationsschmerzen, die immer stärker werden. Manche Frauen nehmen die Latenzphase gar nicht wahr.

Diese frühe Phase gehört unbedingt zur heranrückenden Geburt dazu. Zunächst kommen die Wehen noch in unregelmäßigen Abständen und mit deutlichen Pausen dazwischen. Anfänglich wirken sie sich auch noch kaum oder gar nicht auf den Muttermund aus, sondern machen ihn eher weich und nachgiebig – eine wichtige Voraussetzung dafür, dass er sich weiten kann. Trotzdem erleben manche Frauen, gerade Erstgebärende, diese Wehen manchmal schon als unangenehm und zumindest als anstrengend, insbesondere wenn sie sich über einen längeren Zeitraum strecken. Die meisten Schwangeren fühlen sich jetzt zu Hause in der ihnen vertrauten Umgebung am wohlsten. Dort können sie – idealerweise mit ihrer Geburtsbegleitung an der Seite – in Ruhe ausprobieren, was ihnen unter einer Wehe guttut und wie sie sich in den oft langen Pausen am besten erholen und entspannen können. Manche lenken sich in dieser Zeit auch mit anderen Tätigkeiten ab, die sie für eine Wehe leicht unterbrechen können. Andere suchen sich zwischen zwei Wehen noch eine ordentliche Mütze voll Schlaf, wieder anderen sind jetzt noch einmal innige Gespräch wichtig. Vergiss nicht, in dieser Phase zu essen und zu trinken, damit du bei Kräften bleibst und Energie aufnimmst.

Mit der Zeit werden die Intervalle regelmäßiger und die Wehen intensiver. Auch die Pausen dazwischen verkürzen sich allmählich. Jetzt wirst du bemerken, wie sehr dir die erlernten Techniken aus deinem Geburtsvorbereitungskurs helfen. Irgendwann fragst du dich langsam, wann es Zeit wird, dich in die Geburtsklinik oder ins Geburtshaus fahren zu lassen. Hierzu gibt es verschiedene Faustregeln:

• Ein Rat lautet: Macht euch auf den Weg, wenn du den Eindruck hast, dass du mit der Situation zu Hause nicht mehr zurechtkommst und die Unterstützung einer Hebamme brauchst. Zumindest kannst du dich mit deiner Hebamme, die die Geburt begleiten wird, oder mit dem Kreißsaal in deiner Entbindungsklinik telefonisch darüber beraten.

• Im Hinblick auf die Wehen gilt als Richtwert: Wenn sie regelmäßig sind und einen deutlichen Druck nach unten ausüben, etwa eine Minute anhalten und im Abstand von fünf Minuten kommen, können Erstgebärende allmählich den Geburtsort aufsuchen. Wichtig ist auch, dass diese Wehen nach einem warmen Bad oder einer ausgiebigen Dusche gleichbleibend sind. Frauen, die bereits ein Kind oder mehrere Kinder geboren haben, fahren eher bereits bei 7-minütigen Wehenabständen los. Und so misst du die Dauer einer Wehe: Beginne die Zeit zu stoppen, sobald dein Bauch anfängt, sich zusammenzuziehen. Du beendest die Messung, wenn der Schmerz wieder nachlässt.

Manche Schwangere, hinter denen schon so einige spürbare Wehenstunden liegen, sind dann in der Klinik bitter enttäuscht, wenn die vaginale Untersuchung zeigt: Der Muttermund hat sich erst zwei, drei oder vier Zentimeter geöffnet. Immerhin! Und jede Wehe treibt dein Baby ein kleines Stückchen voran. Auf diese Weise hilft auch das Köpfchen mit seinem Druck auf den Muttermund mit, dass er sich weitet. So schreitet das Geburtsgeschehen voran.

Übergangshase: Sie wird so genannt, weil sie den Übergang zwischen der Eröffnungsphase und Austreibungsphase bildet. Wenn du bis hierher für dich einen Weg gefunden hast, mit den immer stärker werdenden Wehen umzugehen, so könntest du jetzt ein wenig ins „Trudeln“ geraten. Denn nun können die Wehen durchaus unregelmäßig und manchmal wie Wellen auch so ineinander übergehend sein, dass du sie kaum mehr gut veratmen kannst. Erschrecke nicht, wenn du dabei zitterst oder dir ein bisschen übel wird – das ist eher typisch für die Übergangsphase. Sie wird von den Gebärenden oft als die anstrengenste Zeit empfunden. Viele Schwangere haben jetzt „keine Lust mehr auf die Geburt“, fühlen sich überfordert und wollen „nur noch nach Hause“. Solche geäußerten Signale zeigt an, dass der Muttermund demnächst vollständig geöffnet ist und die Austrittsphase/Austreibungsphase beginnt. 

Presswehen: Die sehr kräftigen Wehen während der Austreibungsphase werden als Presswehen bezeichnet. Du spürst sie am unwiderstehlichen Drang, dem Druck nachgeben und nach unten pressen zu wollen. Die Hebamme wird dir dafür im richtigen Moment grünes Licht geben und dir jetzt helfen, damit du optimal und mit ganzer Kraft geburtsfördernd aktiv werden kannst. In dieser Phase schüttet dein Körper so viele schmerzlindernde Stoffe aus, dass du dich voll auf deine Aufgabe konzentrieren kannst. Jede Wehe und jede Anstrengung bringen dich deinem Kind einen Schritt näher, bis es endlich auf der Welt ist und in deinen Armen liegt.

Nachgeburtswehen: Durch sie löst sich die Plazenta von der Gebärmutterwand und kann zusammen mit der Eihülle und Nabelschnurresten vom Körper der Mutter ausgestoßen werden. 

Die für diesen Vorgang notwendigen zwei bis drei Wehen setzen etwa 10 bis 30 Minuten nach der Geburt des Kindes ein. Die Intensität von Nachgeburtswehen ist etwa vergleichbar mit intensiveren Menstruationsschmerzen. Viele Mütter finden diese Phase jedoch kaum erwähnenswert, weil sie viel zu sehr mit ihrem Baby beschäftigt sind. Nach einer Viertelstunde wird dann der Mutterkuchen geboren. Erst mit diesem Moment ist die Entbindung „offiziell“ beendet. 

Wehen nach der Entbindung

Nachwehen haben zwei wichtige Aufgaben. Einerseits unterstützen sie die Gebärmutter dabei, sich zurückzubilden. Andererseits fördern sie die Heilung der Wunde, die die abgelöste Plazenta an der Gebärmutterwand hinterlassen hat, und helfen dabei, die Blutung aus dieser Wunde zu stillen. Das bedeutet zugleich: Nachwehen fördern auch das Abklingen des Wochenflusses.

Die Nachwehen (begrifflich nicht zu verwechseln mit Nachgeburtswehen) treten in den ersten Tagen nach der Geburt auf. Ausgelöst werden sie durch das Hormon Oxytocin, das beispielsweise beim Stillen ausgeschüttet wird. Deshalb nennt man diese Wehen auch Stillwehen. Stillende Mütter spüren sie möglicherweise stärker – aber ihre Gebärmutter bildet sich auf diese Weise auch schneller zurück.

Auch Frauen, die bereits eine oder mehrere Geburten hinter sich haben, empfinden häufig intensivere Nachwehen, da ihre Gebärmutter für die Rückbildung stärker arbeiten muss.  

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Katharina Jeschke

Katharina Jeschke

Gründerin von elternundbaby.com und Hebamme

Als Geburtshausleiterin, Hebamme und Mutter unterstütze ich Frauen dabei ihre Herausforderung während, vor und nach der Schwangerschaft besser zu bewältigen.

Um noch mehr Frauen zu erreichen, startete ich elternundbaby.com. Ich freue mich darauf, dich hier begrüßen zu dürfen.